Spanische Televoter geben den Ausschlag
Spannend war es in Spanien auf alle Fälle - was man nicht von jeder Vorentscheidung sagen kann. Dass am Ende Ruth Lorenzo mit dem englischsprachigen Titel - aber nicht sehr anglophonen Text - "Dancing In The Rain" gewann, lag am Televoting. Denn nach den Wertungen der dreiköpfigen Jury (Mónica Naranjo, David Bustamante und Merche) lagen noch Brequette vor. Deren etwas überhysterischer Titel "Más", an dem kompositorisch der Schwede Thomas G:son (Loreens "Euphoria" stammt auch von ihm, neben vielen anderen ESC-Titeln) beteiligt war, lag mit 66 Punkten vorne, sechs Punkte dahinter die nun nach Kopenhagen reisende Senora Lorenzo.
Bei Gleichstand entscheidet Televoting
Ihr Titel ist keine so schwache Nummer Spaniens wie die von Malmö, aber auch lange nicht so trompetenhaft und hymnisch wie die von Pastora Soler in Baku. "Dancing In The Rain" ist jedoch fein dargeboten: Lorenzo kam im Meerjungfrauenkostüm auf die Bühne, ließ sich und den Chor geheimnisvoll-wasserblau beleuchten - und kreischte von ihren tänzerischen Ambitionen im Regen. Ja, das nahm ein, das ließ sie vom Televotingpublikum die meisten Anrufe und SMS erhalten. Dafür erhielt sie 36 Zähler - punktgleich mit Brequette lag sie nun. Und, wie es sich für ein halbwegs demokratisch plausibles Auswahlverfahren gehört, ist es das Televoting, was bei Gleichstand den Ausschlag gibt.
Die drei anderen Aspiranten - Dama ("Estrella Fugaz" - Shooting Star), Raúl ("Seguir Sin Ti" - Ohne dich zu gehen) und Jorge González ("Aunque Se Acabe El Mundo" - Sogar wenn die Welt endet) kamen auf die Plätze 5, 4 und 3: Jury und Televoting waren im Ranking jeweils identisch die Kandidaten einordnend. Ruth Lorenzo war ohnehin die große Favoritin des Abends. In Spanien ein No-Name, genießt sie unter Kindern und Jugendlichen in Großbritannien eine gewisse Bekanntheit, dort nämlich nahm sie 2008 an der X-Factor-Show teil - aber auf dem Popmarkt des Vereinigten Königreichs konnte sie es nicht einmal zu einer Randbedeutung bringen.
Prognose: maximal Platz 18
Was die Chancen für Kopenhagen angeht, bin ich eher skeptisch. Spanien hat lediglich durch Pastora Soler eine starke Performance sich als zweifaches ESC-Gewinnerland in Erinnerung gebracht. Ruth Lorenzo wird es schwer haben, über Platz 18 hinauszukommen. Immerhin: Nummer 1 der iTunes-Charts ist der Titel "Dancing In The Rain" - die erste Topplatzierung für einen spanischen ESC-Titel, ehe er international nominiert war.
Alles in allem: eine kleine, feine, ziemlich spannende Show und die Performance der Siegerin gefiel mir auch gut. Sie war so engagiert und von Herzen dabei, das war natürlich das, was man auch gewöhnlich von einem ESC-Künstler erwarten darf.
P.S.: Auf den spektakulären Sieg eines quasi deutsch-migrantischen Acts in Lettland komme ich noch zurück!