Loreen gewinnt mit "Euphoria" 57. ESC in Baku
Jubel in Schweden: Loreenhat den 57. Eurovision Song Contest 2012 in Baku haushoch gewonnen. Damit findet der 58. ESC am 18. Mai 2013 in Stockholm statt. Mit ihrer düster inszenierten "Euphoria" trifft sie den Nerv des europäischen Publikums - sie gewinnt mit 372 Punkten und einem ganz klaren Abstand von 113 Punkten auf die zweitplatzierten russischen Großmütter. Serbiens Zeljko Joksimovic holt sich den dritten Platz. Damit haben sich tatsächlich die von Wettbüros und Fans vorausgesagten Favoriten ganz klar durchgesetzt.
Loreen zeigte sich nach ihrem Sieg total überrascht. "Das habe ich nicht erwartet, dass ich so viel Unterstützung aus Europa bekomme. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll", freute sie sich auf der Pressekonferenz nach dem Finale. Für Schweden ist es der fünfte Sieg beim Contest: Zuletzt erfolgreich war Charlotte Perrelli geborene Nilsson mit "Take Me To Your Heaven" 1999 in Jerusalem.
"Standing Still" auf Rang acht
Deutschlands ESC-Hoffnung Roman Lob schafft es mit seinem Auftritt, der sich deutlich vom übrigen Feld des diesjährigen ESCs unterschied, auf einen guten achten Platz und erreicht damit das selbstgesteckte Ziel, unter die Top Ten zu kommen. Eine Leistung, auf die er stolz sein kann, immerhin ist er damit sogar zwei Plätze besser als seine Vorgängerin Lena bei ihrem zweiten ESC-Auftritt 2011. Roman ist total glücklich mit seinem achten Platz: "Top Ten war immer mein Ziel, jetzt haben wir den achten Platz gemacht, das ist supergeil, was will man mehr?"
Auf der Bühne habe er sich sehr wohl gefühlt, sagte er außerdem. "Ein Auftritt vor 17.000 in der Halle und 120 Millionen quasi weltweit, das wünscht sich doch jeder Musiker. Diesen Applaus in der Halle zu hören, das ist einfach toll." Nach dem Stress der vergangenen Tage will er erst einmal ein bisschen feiern - und dann ausschlafen.
Die lange Nacht von Baku
"Good Evening Europe! Bonsoir l’Europe!" schallt es um kurz nach 21 Uhr mitteleuropäischer Zeit aus den Fernsehgeräten zwischen Lissabon und Wladiwostok. Die aserbaidschanischen Moderatoren Leyla, Nargiz und Eldar begrüßen das Publikum ganz in klassisches Eurovisions-Weiß gewandet und fügen hinzu: "Welcome to Azerbaijan!"
Eldar, noch ein wenig atemlos vom fulminanten Eröffnungs-Act, in dem er mit seiner Gesangspartnerin Nikki den Siegessong aus Düsseldorf noch einmal in großer Show singen durfte, bedankt sich artig in Richtung Deutschland für die Show des vergangenen Jahres, die ihn jetzt in Baku moderieren lässt. Doch für viel Vorgeplänkel bleibt keine Zeit: 26 Kandidaten müssen innerhalb von etwa zwei Stunden ihre Songs vortragen, danach folgt ein fast einstündiger Abstimmungsmarathon, der durch den wachsenden Vorsprung von Loreen schnell an Spannung verliert.
Auftritt für den Schwiegersohn
Kurz aufgelockert wird die lange Voting-Phase durch den Zwischen-Act Emin. Der in Aserbaidschan bekannte Sänger, er ist übrigens auch Schwiegersohn des Präsidenten Ilham Alijew, singt "Never Enough" in einer aufwendigen Inszenierung samt von der Hallendecke herabschwebendem Sänger.
Neben den drei Erstplatzierten ist vor allem der fünfte Platz für Albanien eine echte Überraschung: Von vielen im Vorfeld als unerträglich geschmäht, überzeugte Rona Nishliu mit ihrem Klagelied nicht nur die Nachbarländer vom Balkan, sondern sammelte auch hohe Punktzahlen aus Italien, Österreich, der Schweiz, Belgien und San Marino ein. Außer "Suus" finden sich auch Gastgeber Aserbaidschan, Estland und die Türkei unter den ersten sieben.
Drei Mal Big Five in den Top Ten
Die Plätze acht bis zehn gehen an Länder der Big Five: Deutschland, Italien und Spanien. Insgesamt fällt auf, dass alle Big-Five-Länder, also Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland, in diesem Jahr gute Sänger und Sängerinnen mit ernst gemeinten Songs ins Rennen schickten. Die Zeiten, in denen sich die fünf großen Geldgeber lieber ins Ironische flüchteten, weil sie sich beim ESC ohnehin keine Chancen ausrechnen, scheinen zum Glück vorbei. Für Frankreich und Großbritannien zahlte sich dieses Rezept 2012 allerdings noch nicht so recht aus, Frankreich holte den 22. Platz, für Engelbert war nur der vorletzte Platz drin.
Die Rote Laterne für den letzten Platz geht in diesem Jahr an Norwegen, der sympathische Tooji konnte mit seinen orientalischen Discoklängen nicht überzeugen, was auch an der äußerst dünnen Stimme an diesem Finalabend gelegen haben mag. Damit kann Norwegen sich nach dem überraschenden Aus im Halbfinale von Düsseldorf auch in diesem Jahr nicht über das Eurovisions-Ergebnis freuen.
Deutliche Worte von Anke Engelke
Schon Tradition hat die Vergabe der deutschen Punkte von der Hamburger Reeperbahn. Diese Aufgabe hatte in diesem Jahr Anke Engelke, die zugleich auch Präsidentin der nationalen Jury war. Ihr Auftritt war bemerkenswert: Bevor sie die Punkte verlas, sagte sie auf Englisch zu den Moderatoren in Baku, dass es immer gut sei, wählen zu können, eine Wahl zu haben. "Aserbaidschan, viel Glück auf deinem Weg, Europa schaut auf dich!" - eine deutliche Botschaft an das autoritär regierte Aserbaidschan.
In den vergangenen Wochen hatte es Diskussionen darüber gegeben, ob der Song Contest in einem Staat wie Aserbaidschan überhaupt ausgetragen werden dürfe. Vor diesem Hintergrund war es ein klares Signal an das Regime in Baku - und es blieb auch die einzige an diesem Contest Abend. Künstlern ist es laut Reglement der EBU verboten sich auf der Bühne zu äußern. So waren die Möglichkeiten, an diesem Abend auf politische Missstände im Land hinzuweisen gering - Anke Engelke nutze ihre Chance.
Lob gab es dafür im Netz, viele User zollten ihr Respekt für das Statement. Auch NDR Intendant Lutz Marmor begrüßte Engelkes Äußerungen: "Ein besonderes Kompliment hat sich Anke Engelke verdient. Bei der Punktevergabe live von der Grand-Prix-Party in Hamburg hat sie genau den richtigen Ton getroffen. Danke, Anke!"