Israel - Die Jahre der Comebacks
In Tel Aviv wird Israel als Gastgeber seine 42. ESC-Teilnahme feiern. Sein Debüt gab das Mittelmeer-Land 1973 in Luxemburg. Israels TV-Anstalt IBA durfte an der zunächst europäischen Fernsehshow teilnehmen, weil die 1950 gegründete European Broadcasting Union, kurz EBU, immer schon ein öffentlich-rechtliches TV- und Radionetzwerk über die geografischen Grenzen Europas hinaus war.
Zweck der EBU war zunächst, TV-Filme auszutauschen und, etwa im Nachrichtenbereich, den Mitgliedssendern rasch und unkompliziert Bildmaterial zur Verfügung zu stellen. Als der ESC erstmals ausgetragen wurde, 1956 im schweizerischen Lugano, war das Fernsehen ein sehr junges Medium; Fernsehgeräte waren kaum verbreitet. Inzwischen sind 56 Länder mit 72 Sendern in der EBU vernetzt und der ESC ist die populärste TV-Show der EBU. Israel hat während seiner inzwischen fast 46 Jahre währenden ESC-Geschichte vier Mal gewonnen, zwei Mal belegte es den zweiten Platz, einmal wurde das Land Dritter - insgesamt belegt es in der Ruhmesgeschichte den sechsten Rang.
Ilanit wird durch hohen Feiertag gestoppt
Die Jahre nach Ofra Hazas zweitem Rang im Jahr 1983 und dem Auftakt ihres Aufstiegs zum internationalen Star waren die der Comebacks beim ESC. Und die prominenteste der Wiederkommerinnen war Ilanit, Sängerin des israelischen Eurovisionsdebüts. Aber ihr Auftritt blieb aus, sie wäre zum dritten Mal bei einem Eurovisionsfestival auf der Bühne gewesen. Aber obwohl sie 1984 den Kdam, den israelischen Vorentscheid gewann, kam Ilanit mit ihrem Titel "Balalaika" zu keiner zweiten ESC-Reise nach Luxemburg, wo sie elf Jahre zuvor schon angetreten war: Denn der ESC war auf den 5. Mai terminiert - und das ist in Israel ein hoher Feiertag, weshalb der Sender sich in jenem Jahr zurückzog.
Izhar Cohen war ein prominenter Rückkehrer
1985 aber war der 4. Mai, an dem der ESC in Göteborg stattfand, nicht strittig: Und zurück zum Grand Prix Eurovision kam der erste israelische Eurovisionsgewinner, Izhar Cohen, diesmal ohne "Alpha-Beta", aber mit klassisch-israelischen Tanzelementen: "Olé Olé" schaffte es mit einer nicht allzu filigranen Komposition und der wiedererkennbaren Titelzeile auf den guten fünften Platz. 1986 in Bergen wiederum belebte der israelische Sender IBA mit den Kdam-Siegern Moti Giladi & Sarai Tzuriel und ihrem Lied "Yavo yom" ("Ein Tag wird kommen") die Tradition der Mann-Frau-Duette. Das Lied endete trotz gleißend weiß teillackierter Bühnentextilien zurecht nur auf dem vorletzten Platz. Dem offenbar eher langweilenden Song fehlte es irgendwie an Sympathiepotenzial. Es war das bis zu diesem Jahr schlechteste israelische ESC-Ergebnis - und für beide Künstler keine schöne Rückreise in die Heimat.
Lazy Bums - Die erste israelische Comedy-Nummer
Im Jahr darauf, nach Sandra Kims belgischem Sieg 1987 in Brüssel, schickte der israelische Sender IBA das Männerduo Lazy Bums ins Rennen - eine kabarettartige Performance, die ins Deutsche als "Faulenzer-Lied" übersetzt wurde: Das Comedy-Duo aus Nathan Datner und Avi Kushnir kam auf den erstaunlichen achten Rang - obwohl es alle ESC-ästhetischen Gesetze verletzte: "Keine Albernheiten" ist unter ihnen das allerwichtigste. Aber, die Vorstellung war cool, weil beide Männer in ihren Looks mit Sonnenbrillen und trotz komplizierter Tanzschritte keine folklorehaften Klischees bedienten. Es war damals eine der ersten Lieder aus dem Comedyfach beim ESC, viele weitere sollten folgen.
Yardena Arazi, 1976 in Den Haag erfolgreich Teil des erfrischenden Frauentrios Chocolate Menta Mastik beim ESC und 1979 mit einer der Hosts bei der Eurovisionsshow in Jerusalem, kam 1988 nach Dublin mit "Ben 'adam", zu Deutsch "Ein Mensch", auf den siebten Platz. Einmal mehr ein Lied aus Israel, das musikalisch den Klageton anschlug, elegisch und freundlich.
Ein Kind auf der ESC-Bühne
Das israelische Lied "Derech ha-melech" ("Der Königsweg") war an und für sich mit seinem durchschnittlichen Pathos nicht so übel: Drei Minuten mit freundlicher Anmutung, eine schöne junge Frau und ein unschuldig dreinschauender Junge, der mit seinem von keinem Stimmbruch verdunkelten Gesang um Punkte buhlte - arrangiert als 180-Sekunden-Steigerungsnummer. Nichts Exzellentes, aber es reichte 1989 in Lausanne für einen Platz im Mittelfeld. Nur: Der ESC-Gemeinde missfiel der schlichte Umstand, dass mit Gili Netanel ein zwölfjähriger Junge die Hauptrolle auf der Bühne gab, dem sich nach einer Minute des Liedes noch Galit Burg als erwachsene Frau zugesellte.
Das führte bei den ESC-Verantwortlichen in Genf zum Umdenken: Das Eurovisionsfestival solle ein Wettbewerb für Erwachsene und nicht für Kinder sein. Weil auch Frankreich mit der elfjährigen Nathalie Pâque eine sehr junge Künstlerin aufbot, wurde nach diesem ESC eigentlich das Format des Junior Eurovision Song Contest geboren: Nur dort würden Sänger und Sängerinnen noch Platz haben, die noch nicht den 16. Geburtstag gefeiert haben.