Bewerber tragen Erfolgs-DNA des ESC
Die junge deutsche Musikszene ist lebendig und voller neuer Talente. Das ist mein erster Eindruck nach dem Studium derzehn Teilnehmer-Biografien für das Clubkonzert "Eurovision Song Contest 2014 - Unser Song für Dänemark" am 27. Februar im Hamburger Edelfettwerk. 2.240 Musikerinnen, Musiker und Bands haben sich per YouTube-Video für die Wildcard beworben - eine beeindruckende Zahl. Und angesichts der zehn, die um den begehrten Platz im Vorentscheid kämpfen werden, kann man respektvoll feststellen: In Deutschland singen, unabhängig von Plattenverträgen und Airplay im Radio, viele Talente, die eine große Bühne verdienen.
Breites musikalisches Spektrum
Fast idealtypisch spiegeln die zehn Teilnehmer das Medium wider, über das sie sich beworben haben: Die Acts sind vielfältig, jung, international und verdammt gute Musiker (sofern man das aus ihrer Biografie und dem Video beurteilen kann). Die Genres der zehn Konkurrenten decken von Pop über Rock bis Country und Folk ein breites musikalisches Spektrum ab. Nach meinem Eindruck wird der Sound im Edelfettwerk aber eher authentisch melancholisch klingen als abgedreht experimentell. So mögen es die Deutschen.
Und ein interessantes Detail zur Casting-Show-Vergangenheit unserer Teilnehmer: Nur eine Sängerin (Valentina) hatte ein kurzes Intermezzo bei "Popstars". Ansonsten schaffte es kein "Promi" aus einer der vielen Casting-Shows ins Clubkonzert. Das finde ich gut. Der ESC sollte nicht am Ende einer medialen Wertschöpfungskette stehen, dafür gibt es andere Shows.
Noch ein paar statistische Details aus dem Bewerberfeld: Acht Einzelkünstler treten am 27. Februar auf, nur zwei Bands. Sieben Acts sind weiblich, drei männlich. Die jüngste Sängerin ist 16 Jahre alt (Ambre Vallet), der "älteste" 26 (Sammy von der Band Bartosz). Für ihre Bewerbung wählten alle Künstler englische Songs. Diese Fakten lesen sich wie die Beschreibung der Erfolgs-DNA beim ESC: Sieger des Song Contest sind eher weiblich, Einzelkünstler, jung und singen nicht in ihrer Muttersprache. Und ganz nebenbei: Drei der zehn hatten wir auch hier bei eurovision.de im Bewerbercheck (Cassie Greene, Valentina und Caroline Rose).
YouTube dient als Newcomer-Quelle
Meiner Meinung nach ist es clever vom NDR, einen Trend auch für den ESC zu nutzen: Viele Künstler starten heute ihren musikalischen und dadurch kommerziellen Erfolg bei YouTube. Für junge Talente ist es eine tolle und kostengünstige Chance, sich einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Auf der Bühne in Hamburg müssen sie nun aber beweisen, dass sie live überzeugen können. Und bei der großen Vorentscheidungsshow am 13. März in Köln wird sich zeigen, ob sich ein Newcomer auch gegen arrivierte Stars wie Unheilig behaupten kann. Ich bin da aber in jeder Hinsicht optimistisch.
Wenn man sieht und hört, welche Youtube-Perlen das Team aus den Bewerbungen rausgefischt hat, ist es fast schon schade, dass beim Clubkonzert nur eine Wildcard vergeben wird. Aber vielleicht dient dieses Experiment ja als Blaupause für künftige Konzepte, um die Vorentscheidung für den Eurovision Song Contest immer wieder aufs Neue interessant zu machen.