Finn Martin: Musikalischer Weltenbummler
Gibt es unter den ehemaligen ESC-Teilnehmern jemanden, der dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Martin: Loreens Performance hat mich sehr beeindruckt. Das war etwas ganz anderes: Diese Verbindung aus dem Song und ihrem Tanz, das fand ich sehr besonders und kraftvoll.
Der ESC ist ursprünglich eben auch ein Komponisten-Wettbewerb. Auch du arbeitest professionell als Songwriter. Für wen hast du bisher geschrieben?
Martin: Ich habe für ganz unterschiedliche Projekte geschrieben, da möchte ich niemanden herausheben. Aber deshalb ist es für mich eben besonders, mit einem eigenen Song antreten zu können. Ich hätte nicht mit einem fremden Song teilgenommen.
Vielleicht kannst du uns den Unterschied erklären: Wie gehst du an Songs heran, die du für andere Musiker schreibst und wie unterscheiden sie sich zu den Liedern, die du selber performst?
Martin: Wenn ich Songs schreibe, versuche ich mich natürlich in diese Person hineinzuversetzen. Welche Melodie, welcher Text passt zu diesem Künstler? Das Tolle daran ist, dass man musikalisch viel freier ist. Da kann ich stilistisch Sachen machen, die ich für mich nicht schreiben würde. Das macht Spaß. Wenn ich dann für mich selbst schreibe, gibt es eigentlich nur eine einzige Regel: Dass der Song mich berühren muss. Nur wenn ein Song bei mir eine Emotion auslöst, kann er auch jemand anderem etwas bedeuten. Das ist mein Kompass, denn darum geht es am Ende: Leute zu berühren und mit Songs Bilder und Emotionen erwecken.
Und wann sagst du für dich: 'So, jetzt ist der Song fertig'?
Martin: Genau in dem Moment, wo ich ihn höre und nicht mehr nachdenke, ihn nicht analysiere. Wenn ich ihn einfach nur noch fühle und merke, dass er etwas mit mir macht. Dann ist er fertig.
Du hast schon immer auf Englisch geschrieben. Es scheint, du hast eine besondere Verbindung zu anglophonen Songwritern.
Martin: Auf jeden Fall. Meine ganze musikalische Sozialisation ist englischsprachig. Mein erstes Konzert, was ich gesehen habe, war Bob Dylan. Das war in Berlin. Ich war erst drei, meine Mutter hatte mich auf den Schultern mitgenommen. Dann ging es weiter mit MTV. Meine Mutter hat mir neulich wieder erzählt, wie ich als kleines Kind MTV geguckt habe und immer verstehen wollte, was die da erzählen und singen. Deshalb habe ich sehr früh angefangen Englisch zu lernen. Mit 14 habe ich dann eigene Songs geschrieben und mit 17 hatte ich das Glück mein erstes eigenes Album in London aufnehmen zu können. Auch in Los Angeles war ich eine Weile. Englisch ist daher für mich die universelle Sprache, die Leute auf der ganzen Welt verstehen.
Jetzt steht der Vorentscheid vor der Tür...
Martin: Oh Gott, ja...! Durch die ganzen Termine jetzt vor dem Vorentscheid hat sich die Vorfreude nochmal ganz schön gesteigert. Es ist eine Menge Vorfreude dabei, mit den anderen Acts auf der Bühne zu stehen und für ganz Deutschland spielen zu können. Live ist immer die Situation, in der ich mich am wohlsten fühle. Es ist das Schönste, Songs mit Leuten live zu teilen. Deshalb freue ich mich auch, dass der Vorentscheid in einer Halle ist und nicht nur im Fernsehstudio. Weil es dann eine richtige Konzertsituation ist.
Du kommst aus der Songwriter-Tradition, wo vorwiegend die Musik im Vordergrund steht. Trotzdem: Für wie wichtig hältst du die Show während eines Auftritts?
Martin: Gerade aus der Geschichte des Eurovision Song Contest heraus, ist die Show natürlich sehr entscheidend. Ich persönlich glaube aber auch an die Stärke und die Kraft des Songs. Das hat ja Lena mit "Satellite" auch fantastisch gemacht: Sie hat sich nur auf den Song und ihren Gesang konzentriert. Es gab keine große Show drum herum, sondern es war wirklich nur sie. Ich finde beides spannend. Aber auch bei mir liegt der Fokus eher auf dem Song und seiner Botschaft.
Die Fragen stellte Veronika Pohl.
- Teil 1: "Beim ESC antreten zu können, wäre für mich etwas besonderes"
- Teil 2: "Ich freue mich auf die Live-Situation in Hannover"