Jüri Pootsmann mit Retro-Sound aus Estland
Schicker Anzug, weißes Hemd, ernstes Jungengesicht - Jüri Pootsmann steht auf der Bühne wie ein geschniegelter Pennäler, der gleich ein Lied vorträgt. Doch auf den zweiten Blick sind die Knöpfe zu golden, die Schuhe zu extravagant, und wenn der Bub dann noch den Mund aufmacht und ein vollendeter, dunkel schimmernder Bassbariton erklingt, setzt unwillkürlich der Rick-Astley-Effekt ein - man denkt: Oh, der ist ja schon erwachsen!
Estlands "superstaari"
Ja, und der ist nicht nur schon groß, der kann auch was. Anders als andere Nationen schickt Estland tatsächlich seinen aktuellen Superstar nach Stockholm. Im vergangenen Jahr hatte Jüri Pootsmann die Castingshow "Eesti otsib superstaari" gewonnen und danach bei den estnischen Music Awards abgeräumt. Eine EP mit estnischsprachigen Popsongs hat er veröffentlicht, ein Album bei einem Majorlabel ist geplant. Der 21-Jährige, geboren in der Landgemeinde Raikküla im Herzen Estlands, sollte seine Heimat beim Eurovision Song Contest vertreten, da waren sich Jury und Zuschauer beim estnischen Vorentscheid sehr einig.
Guter Song, charmanter Interpret
Die Vorzeichen für einen Erfolg schienen nicht schlecht für Estland, denn ein weiterer Glücksfall war der Song - da kam zusammen, was zusammengehört. "Play" stammt unter anderem aus der Feder des Vorjahreskandidaten Stig Rästa und wurde eigens für Jüri Pootsmann komponiert. Es ist einer dieser Songs, die sich nicht ganz zwischen Ballade und Up-Tempo-Nummer entscheiden können und trotzdem funktionieren. Mit seinem leichten Retro-Touch passt er perfekt zu Pootsmanns Stimme, die in den besonders gefühligen Momenten am Ende manchmal so ganz leicht abbricht. Hübsch.
Dass Rästa ein Händchen fürs Komponieren hat, wissen versierte ESC-Freunde ja spätestens seit dem ESC in Wien im vergangenen Jahr. Da waren der Musiker und Komponist und seine Duettpartnerin Elina Born mit der von ihm komponierten Nostalgie-Nummer "Goodbye To Yesterday" auf einem richtig guten siebten Platz gelandet. Leider hat es in diesem Jahr weder gereicht, um ins Finale zu kommen, geschweige denn die angestrebte Top Ten zu erreichen.