Stand: 26.10.2009 13:12 Uhr

Nationalelf des Eurovision Song Contest

von Sabine Leipertz

Wie bei jeder Castingrunde zu "Unser Star für Oslo" haben sich auch an diesem Wochenende viele Grand-Prix-Fans auf den Weg nach Köln gemacht. Und alle haben nur ein Ziel: Deutschland beim Eurovision Song Contest im nächsten Jahr zu vertreten. "Ich habe immer davon geträumt mitzumachen. Dies hier ist die erste Möglichkeit dazu. Das finde ich toll", sagt der 34-jährige Frank. Er ist in Belgien geboren, in den Niederlanden aufgewachsen und lebt seit acht Jahren in Berlin. Seit 1986 ist er bekennender Grand-Prix-Fan. Damals hatte für Belgien Sandra Kim mit dem Titel "J´aime la vie" den Wettbewerb gewonnen. Der Flugbegleiter weiß ganz genau, warum er "Unser Star für Oslo" werden sollte: "Ich kenne mich mit dem Grand Prix aus. Letztes Jahr war ich auf Einladung der holländischen Teilnehmer in Moskau. Ich kenne viele Kulturen und vereine in mir den europäischen Geist."

Auch Martin Weber aus Frankfurt ist vom Song-Contest begeistert und sagt über sich: "Ich habe Persönlichkeit und eine gute Stimme. Man sollte mich kennenlernen." Er ist davon überzeugt, dass der deutsche Musikbeitrag auch deutsche Wurzeln haben sollte. Dazu beitragen will der Bordkartenkontrolleur mit seinen deutschen Chansons. 

Nicht nur Amateure beim Casting 

Ina "Boo" aus Bruchsal  Foto: Sabine Leipertz
Ina alias Boo aus Bruchsal liebt es, Musik zu machen, und hat dafür sogar ihren sicheren Lehrerjob an den Nagel gehangen.

Unter den Casting-Teilnehmer befanden sich dieses Mal auch viele Berufsmusiker, die auf den großen Durchbruch hoffen. Ina, genannt "Boo", aus Bruchsal gab sogar ihren sicheren Beamtenjob als Lehrerin für ihre Liebe zur Musik auf. "Ich fühle mich nur am richtigen Platz, wenn ich Musik mache", sagt die 35-Jährige. Und das merkt man ihr auch an. Mit ihrer Gitarre um den Hals strahlt sie und versprüht gute Laune. Für den Wettbewerb wünscht sie sich, dass "unser Song unpolitisch und neutral in die Ohren Europas gehen soll." 

Florian Hinxlage aus Dinklage studiert zwar noch, ist aber seit elf Jahren Musicaldarsteller. Im Musical "Mozart" spielte er die Rolle des Fürsten Colloredo. Der 24-Jährige bezeichnet sich selbst als Rampensau. Genug Motivation, um hier beim Casting zu überzeugen.

Ein alter Hase im Showgeschäft ist Jerzy Jeszke. Der gebürtige Pole blickt auf eine 35-jährige Karriere als Schauspieler, Sänger und Musicaldarsteller zurück. Er hatte schon Auftritte in der Londoner Royal Albert Hall und dem Wembley Stadion. Der 51-Jährige ist begeistert vom Casting: "Es gab nie eine echte Chance, dabei zu sein. Jetzt ist es demokratischer und offener. Am Ende meiner Karriere möchte ich gerne auch mal als Solosänger auf der Bühne stehen." 

"Wir sind die Nationalelf des Eurovision Song Contests"

Assembled Moods aus Düsseldorf  Foto: Sabine Leipertz
Als Kosmopoliten sehen sich Assembeld Moods aus Düsseldorf.

Die fünf Mitglieder der Düsseldorfer Band Assembled Moods sehen sich als Kosmopoliten. Die Berufsmusiker treten dafür ein, dass mit "vereinter Stimmung eine multikulturelle Gesellschaft möglich ist". Auch musikalisch vereinen sie verschiedene Stile: Flamenco trifft auf Latin und Jazz. Mit ihrem Song "What a World" wollen sie laut Gitarrist Ben "Deutschland etwas Gutes tun, denn die neue Generation ist offen für alles." Schlagzeuger Antonius versteht sich und seine Mitmusiker als die Nationalelf des Eurovision Song Contests. Sängerin Natalie setzt sogar noch eins drauf: "Wir sind mehr als ein bisschen Frieden."

Angie aus Darmstadt macht seit 14 Jahren Musik, hat jede Menge Auftritte und ein besonderes Merkmal: "Ich habe die souligste verrauchteste Stimme und man erkennt mich immer wieder." 2001 war sie beim "Popstars"-Casting und kam immerhin unter die letzten 50 von insgesamt 11.000 Bewerbern. Sie hat eigene Songs zum Casting mitgebracht, deutscher Soul und R'n B und eine klare Botschaft an die anderen Teilnehmerländer: "Deutschland ist in diesem Jahr eine ernstzunehmende Konkurrenz." 

Von Gitarren, Groupies und Großmäulern 

Die Eurovisions-Zeiten haben sich geändert und immer mehr Bands treten an, Deutschland zu vertreten. Blind Man´s View aus Potsdam haben zwar ihr zehnjähriges Bandjubiläum schon hinter sich, ihr erstes Casting aber steht noch bevor. Die Vier nehmen es locker. Sie machen einfach "juut jeschpielte Jitarrenmusike mit Gransch-Allüren" und sind hier, weil "es mal wieder Zeit für Rock´n Roll ist." 

Stalking The Dread haben auch Gitarren dabei und machen Metall-Rock. Sie sind ganz spontan zum Casting gekommen. No risk, no fun - so das Bandmotto. Warum ausgerechnet sie "Unsere Stars für Oslo" werden wollen? "Es gibt mittlerweile einen neuen Musikgeschmack. Wir machen neue Musik für frische Ohren." 

Christian Niesel aus Köln ist mit seinem Gitarristen Ingmar zum Casting gekommen. Der 29-Jährige Student gibt sich im Interview selbstbewusst: "Ich bin hier, weil es ein guter Weg ist, meine Songs zu präsentieren und es hier seriöser ist, als bei den anderen TV-Castings. Ich möchte mit meiner eigenen Musik Fuß fassen und sehe das als Chance, mein Können und das meines Gitarristen zu zeigen." Zwei Groupies hat er auch gleich mitgebracht. Auf die Frage, warum ausgerecht er Deutschland in Norwegen vertreten sollte, antwortet nicht Christian, sondern Groupie Ella: "Weil er ein Naturtalent ist."

Klaus aus Stuttgart  Foto: Sabine Leipertz
Hält sich für ein Naturtalent: Callboy Klaus aus Stuttgart.

Ein Naturtalent ganz anderer Art ist Callboy Klaus. Der 32-Jährige steht mit zerrissenen Klamotten und tätowiertem Oberkörper im Foyer und wartet auf seine Startnummer. Er sei Pornodarsteller, erzählt er, und war außerdem schon bei "DSDS" und "Supertalent". Er nennt sich auch "Popptitan". An Selbstbewusstsein mangelt es dem Stuttgarter jedenfalls nicht. Er weiß genau, warum er "Unser Star für Oslo" werden soll: "Ich sehe gut aus, bin ein Typ." Gut, dass er auch weiß, warum Deutschland wieder mehr Stimmen von den anderen Ländern verdient hätte: "Die Deutschen sind nicht bieder und verklemmt. Ich bin das beste Beispiel." Hoffentlich sehen das die anderen auch so.

Noch eine Castingrunde 

Eigentlich sollte an diesem Wochenende Schluss mit den Castings sein. Aber die ARD und Stefan Raab wollen noch mehr musikalische Talente sehen und deshalb gibt es eine weitere Chance: Am 6., 7., und 8. November öffnet sich erneut die "Unser Star für Oslo"-Casting-Pforte.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 29.05.2010 | 21:00 Uhr

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