Soulröhre gewinnt den Junior ESC für Malta
Der 13. Junior ESC bot auf, was die Musikwelt zu bieten hat: Vom klassischen Soprangesang der Irin Aimee Banks über eine gekonnte Rock 'n Roll-Einlage aus Armenien bis zu einem afrikanisch angehauchten Song aus Albanien. Am Ende setzte sich in der Armeec Arena in Sofia aber das energiegeladene "Not My Soul" von Destiny Chukunyere durch. Die Bühne schien der Malteserin so vertraut wie ihr eigenes Kinderzimmer. Sie fegte über eine kreischend-bunt beleuchtete Bühne und beeindruckte mit einer voluminösen Soul-Stimme. Die 13-Jährige ging mit den besten Referenzen in den Wettbewerb: 2013 sahnte sie den ersten Platz beim Sanremo-Junior-Festival ab und 2014 holte sie den Sieg beim internationalen Asterisks Festival in Mazedonien. Dass sie nun auch den Siegerpokal des Junior ESC zu den Auszeichnungen stellen kann, ist nur gerechtfertigt.
Der Sieger wird genauso wie beim normalen ESC zu 50 Prozent vom Publikum und zu 50 Prozent von der Jury gewählt. Allerdings müssen alle Künstler in ihrer Landessprache singen - englische Einsprengsel sind aber erlaubt. Auch wenn Destiny Chukunyere gleich bei den ersten drei Wertungen die Höchstpunktzahl Zwölf erhielt, machte ihr der Armenier Mika mit seiner Rock 'n Roll-Nummer "Love" im Verlauf der Punktewertung den ersten Platz fast streitig. Doch letztlich reichte es mit 185 Punkten und damit 9 Punkten Vorsprung vor dem Zweitplatzierten für den Sieg.
Schmalztolle en vogue
Der 12-Jährige Mika und seine drei Backgroundsängerinnen zeigten eine perfekt einstudierte Inszenierung mit wilden Tanzeinlagen in pinken Outfits. Mit seiner Schmalztolle lag der Nachwuchssänger voll im Trend. Auch der Sänger der Gruppe "The Virus" aus Georgien trug eine ähnliche Frisur. Er trat ebenfalls als cooler Rocker auf und wurde von drei Mädchen begleitet. Ein Garant für vordere Plätze war das Haarstyling allerdings nicht: Bei den Georgiern reichte es mit dem Song "Gabede" nur für den zehnten Platz. Ruslan Aslanov aus Weißrussland reihte sich ebenfalls in die "Tollenträger" ein und landete mit der gut gesungenen Ballade "Volshebstvo" auf Rang vier. Der Bulgare Ivan Stoyanov, der zusammen mit Gabriela Yordanova antrat, erschien mit unauffälliger Frisur. Das Gastgeber-Duo erreichte mit "Colour of Hope" den neunten Platz. Und damit sind die Jungs des Wettbewerbs auch schon fast aufgezählt. Bis auf den Russen Mikhaiil Smirnov wurden alle weiteren zwölf Acts von Mädchen bestritten.
Auf die Dramatik-Tube gedrückt
Bei den weiblichen Teilnehmerinnen beeindruckte das Outfit von Kamilla Ismailova, die für San Marion antrat. Die Elfjährige stand in einem Kleid auf der Bühne, dessen Rock locker drei Meter lang war. Vielen ESC-Fans kam das sicher bekannt vor, denn Aliona Moon aus Moldau trug beim ESC 2013 in Malmö ein ganz ähnliches Outfit. Wie der Name schon verrät, ist Kamilla Ismailova Russin - der Zwergstaat San Marino scheint in den eigenen Reihen keine geeignete Sängerin gefunden zu haben. Die Elfjährige performte ihre Ballade "Mirror" mit großen Gesten, die sie sich sicherlich bei ihren erwachsenen musikalischen Vorbildern abgeguckt hat - mit den Tönen hatte sie aber so ihre Schwierigkeiten.
Auch Lena Stamenković aus Serbien drückte bei der Performance ihrer Ballade sehr auf die Dramatik-Tube. Die Elfjährige hatte die schwere Aufgabe, den Wettbewerb zu eröffnen. Am Ende sprang der siebte Platz für "Lenina pesma" heraus. Auch musikalisch erinnerte manches an Popstars aus der Erwachsenenwelt. Der Beitrag der Australierin Bella Paige klang ähnlich wie "This Girl Is On Fire" von Alicia Keys und auch der Siegersong der Malteserin erinnerte an "Fuck You" von CeeLo Green. Aber beim ESC der Großen ist es ja nicht anders - auch dort kommen immer wieder Plagiats-Diskussionen auf. Australien war übrigens zum ersten Mal dabei. Genau wie beim diesjährigen ESC in Wien, bei dem Guy Sebastian aus Down Under den fünften Platz machte.
Auch Irland debütierte beim Junior ESC: Aimee Banks wurden im Vorfeld des Wettbewerbs große Chancen eingeräumt - nicht zuletzt, weil sie demnächst in der berühmten New Yorker Carnegie Hall auftritt. Doch das Lampenfieber scheint zu groß gewesen zu sein. Genauso wie das Boot auf tosender See, das im Bühnenhintergrund zu sehen war, geriet ihre hohe Sopranstimme bedrohlich ins Wanken. Letztlich lief Aimee Banks mit "Réalta na Mara" auf Platz zwölf ein.
Trotz mancher Unsicherheiten haben alle 17 Künstler eine super Show geliefert - und die Selbstsicherheit vor 15.000 Zuschauern in der Halle und vielen Tausend Menschen an den Bildschirmen aufzutreten, muss man erstmal aufbringen.
Der Junior-ESC war unterhaltsam und sehr professionell gemacht. Vielleicht kann der positive Eindruck jetzt die deutschen Verantwortlichen dazu bewegen, im nächsten Jahr mit von der Partie zu sein. Frank-Dieter Freiling, Chairman der Reference Group, sagte im Vorfeld des Wettbewerbs: "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Deutschland - und weitere westeuropäische Länder - sich dem Junior ESC anschließen."