Malta schickt Miriana Conte zum ESC 2025
Klingt ein bisschen wie ein englisches Schimpfwort, ist aber - natürlich - nicht so gemeint. Oder vielleicht doch? Malta will beim ESC 2025 mit dem Song "Kant" ins Rennen gehen. Doch das wird nicht so einfach.
"Why should we lеt other people dеcide / When we could be havin' the time of our lives?", fragt Maltas Sängerin Miriana Conte in ihrem ESC-Beitrag. Nun, vielleicht weil diese "other people" sich an Rundfunkrichtlinien halten müssen. Doch dazu später mehr. Erstmal muss gewürdigt werden, dass die Sängerin ihren nationalen Vorentscheid von Startplatz eins aus gewonnen hat. Das gibt's nicht oft, Miriana Conte hat es trotzdem geschafft. Die 24-jährige Maltesin eröffnete das Finale des "Malta Eurovision Song Contest 2025" (MESC) standesgemäß im Trickkleid: Erst gehüllt in grünem Tüll, stand sie nach wenigen Takten ihres Songs plötzlich in einem hautengen, zum Teil transparenten Outfit mit Leo-Muster neben ihren Tänzerinnen und Tänzern auf der Bühne in einer Messe- und Kongresshalle im Zentrum des Inselstaates. Der Grund, weshalb ESC-Fans schon seit Wochen über diesen Titel diskutieren, ist aber ein anderer: der Titel des Beitrags.
Natürlich geht's nur um Gesang
"Kant", das ist Maltesisch und heißt "Gesang". Das bestätigt auch der Deutsch-Maltesische Zirkel in seinem Online-Sprachlexikon. So weit so gut. Singt man "Kant" jedoch in einem Lied mit sonst ausschließlich englischsprachigem Text, dann klingt es schnell wie ein ganz anderes, weniger unschuldiges Wort. Was im englischen Sprachraum als "c-word" umschrieben wird, ist ein recht vulgärer Begriff für die äußerlichen, primären weiblichen Geschlechtsorgane (bestätigt in diesem Fall die englische Wikipedia). Einerseits ein Schimpfwort. In Australien und Neuseeland aber andererseits irgendwie freundlich gemeint. Und in der queeren Szene ist "serving cunt" (was sich so anhört wie die prominenteste Zeile des Songs) auch positiv konnotiert. Also vielleicht ja auch alles gut - und kein Grund zur Aufregung? Auch wenn manche ESC-Blogs und Reddit-User sich schon Wochen vor dem Vorentscheid den Kopf darüber zerbrochen haben, ob die EBU diesen Song überhaupt zulassen würde, mit so einem bösen Wort im Titel. Zurecht.
EBU verlangt Änderung des Titels
Zwar sehr spät - knapp einen Monat nach dem MESC - aber dann doch noch, kam die Aufforderung der EBU, den Titel des Songs zu ändern und das Wort "Kant" aus dem Text zu streichen. Seitens der Rundfunkanstalt PBS sieht man darin eine Zensur und eine Diskriminierung des Maltesischen. Nachdem die EBU den Titel "Kant" mit dem englischen Zusatz "Singing" ein paar Wochen lang geduldet hatte, soll sich nun ein Broadcaster beschwert haben, so berichten es maltesische Medien - möglicherweise die britische BBC. Dort dürfen zwei Wörter - zu denen auch das "c-word" gehört - vor 21 Uhr im Prinzip gar nicht und nach 21 Uhr nur mit sehr guter Begründung gesagt werden. Und überhaupt ist der ESC ja eine Familiensendung.
Endlich wieder Maltesisch (ein bisschen)
Argumentieren wir nun wie die Stimmen aus Malta, dann tun wir mal so, als würde es in dem Lied natürlich um "Gesang" (also maltesisch: "Kant") gehen und nicht um die bloße Provokation mit einem Wort, bei dem man sich sonst kichernd die Hände vor den Mund hält, wenn es jemand sagt. Dann wäre der Titel der jungen Maltesin nämlich seit 25 Jahren der erste Song im Wettbewerb, in dem tatsächlich ein wenig Maltesisch versteckt ist. Meist singt man auf dieser Insel seine ESC-Beiträge nämlich auf Englisch, das ebenfalls Amtssprache ist. Zuletzt ging im Jahr 2000 Claudette Pace in Stockholm in ihrem ESC-Klassiker "Desire" unter anderem "Ich habe dich geliebt" auf Maltesisch über die Lippen. Nun soll also "Kant" die einzigartige Sprache, die für mitteleuropäische Ohren ein wenig nach Italienisch und Arabisch klingt, zurück zur größten Musikshow der Welt bringen.
Bühnenshow ist noch ausbaufähig
Die 24-Jährige kannte den Ort ihres Triumphes schon - denn im Messe- und Konferenzzentrum in Ta'Qali im Zentrum Maltas wurde auch bereits die Castingshow "X Factor" produziert, an der Miriana Conte bereits in der Vergangenheit teilgenommen hatte. Zudem hatte sie mehrfach in den vergangenen Jahren ihr Glück beim MESC versucht und trat vielerorts als Sängerin auf. Jetzt hat der Song eines internationalen Autorenteams (mit Mitgliedern aus der Schweiz, Norwegen und Malta) ihr also zum Schritt auf die internationale Bühne verholfen.
Bestimmt wurde der Gewinner-Act zum einen durch eine neunköpfige Jury, die erst eine andere Teilnehmerin mit einem Song vorne sah, der Pop und Oper vereinte. Durch die SMS-Votings des Publikums schaffte es dann aber doch der "Kant". Und das, obwohl der Bühnenauftritt und die Kameraführung zum Teil noch etwas konfus wirkten - jedenfalls im Vergleich zu vielen anderen Acts an diesem Abend.
Denn insgesamt konnte sich die Vielfalt der Beiträge beim MESC und auch ihre Qualität sehen lassen. Alte ESC-Bekannte wie Fabrizio Faniello oder Kurt Calleja versuchten ebenfalls ihr Glück.
Werbedurchsetzter ESC-Fiebertraum
Bereits frühere Ausgaben des Malta Eurovision Song Contest waren unter ESC-Fans jedoch berüchtigt für die zahlreichen Werbeunterbrechungen. Und gefühlt jedes mittelständische Unternehmen der Mittelmeerinsel schien sich auch an diesem Abend ins Programm des Senders TVM eingekauft zu haben, was die Show merklich in die Länge zog. So blieben die Spots für Katzenfutter, Elektroautos, Banken, sowie für Geschäfte für Heimwerkerbedarf und Elektrogeräte nach diesem Abend tief im Gedächtnis, schließlich wurden sie häufiger wiederholt als die Songs (Schnelldurchläufe mit eingerechnet). Wer dann um kurz vor Mitternacht noch keine Lebensversicherung abgeschlossen oder sich einen neuen Wasseranschluss durch die örtlichen Versorgungsbetriebe hatte legen lassen, erlebte dann noch einen gut aufgelegten Alexander Rybak und die ESC-Teilnehmerin von 2024, Sarah Bonnici, die von der augenscheinlich vollbesetzten Halle gefeiert wurde. Ob ihre Nachfolgerin Miriana Conte es anders als sie ins Finale des ESC schaffen wird?