Georgische Polyrhythmik
Wie schon im Vorjahr entschied sich das georgische Fernsehen gegen die Ausrichtung einer nationalen Vorentscheidung und legte intern fest, wer das kaukasische Land in Kopenhagen vertreten soll. Mit der offiziellen Bekanntgabe von The Shin & Mariko Ebralidze als georgische Vertreter am 4. Februar war die Marschrichtung schon einmal vorgegeben: Keine austauschbaren Auftragskompositionen aus dem Ausland, sondern authentische georgische Weltmusik. Was nun aber im Frühstücksfernsehen des öffentlich-rechtlichen georgischen Senders GPB vorgestellt wurde, schien selbst die Moderatoren zu überraschen. Sie hatten nicht nur mit technischen Problemen bei der Vorstellung des Videoclips zu "Three Minutes To Earth" zu kämpfen, sondern wirkten im Anschluss an die gelungene Ausstrahlung eher ratlos.
Bestürzend und großartig
Wer weder mit Fusion-Jazz noch mit georgischer Mehrstimmigkeit etwas anfangen kann, den wird der Song bestürzt zurücklassen. Was ist das? Indianischer Regentanz? Jodeln? Rückwärts gesungen? Keineswegs! In ihrem Song verknüpfen The Shin und Mariko die mehrstimmige Gesangstradition ihrer georgischen Heimat mit virtuosem Jazz und afrikanischer Polyrhythmik - also der Überlagerung unterschiedlicher Rhythmuselemente. Zusammen mit sehr ungewöhnlichen Harmoniefolgen verleihen sie dem Musikstück eine beim ESC nie dagewesene künstlerische Komplexität, die es für ein breites Publikum allerdings völlig unzugänglich macht. Es geht in dem Lied um die letzten drei Minuten, die ein Fallschirmspringer erlebt, bevor er nach dem Absprung wieder auf der Erde landet. Die Zuschauer landen im kalten Wasser - großartig!