Medienpreis: ESC bekommt Karlsmedaille
Der Eurovision Song Contest wurde die meisten Jahre seiner Existenz nicht ernst genommen, jedenfalls nicht über das Entertainment-, TV- oder Radiogeschäft hinaus. In europäischen Krisenjahren - wie den aktuellen - kam der ESC nun zu Ehren, die politischer nicht sein könnten: Das größte europäische - besser, eurovisionäre - Popfestival erhielt die Karlsmedaille 2016.
Brückenbauer für Europa
Verliehen wurde diese Auszeichnung durch ein Gremium, in dem unter anderem Vertreter der Stadt Aachen, der BBC World, von TV5 Monde, Eurosport, Euronews und auch der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen sitzen. Michael Kayser, Vorsitzender des Trägervereins Médaille Charlemagne in Aachen, hatte zuvor zur Begründung, weshalb der ESC den Preis erhält, gesagt: "Warum nicht einmal die europäischste aller Veranstaltungen auszeichnen?" Und damit liegt das Preisgericht völlig richtig. Der ESC ist die populärste Kulturveranstaltung Europas, sie bündelt mehr als nur die Länder der EU und sie integriert auch Länder, die geografisch nicht zu Europa gehören, aber gern zum Kontinent gezählt werden: Israel, Aserbaidschan, Armenien oder Georgien beispielsweise. Und der ESC hat gerade durch seine offizielle Abstinenz von politischen Botschaften starke Dialoge über alle Länder hinweg und zwischen ihnen ermöglicht.
Björn Ulvaeus als Laudator
Bei der offiziellen Preisverleihung in Aachen stand Björn Ulvaeus als Laudator auf dem Programm - der früher nicht-bärtige Mann von Abba. Der Band, die 1974 den ESC für Schweden und für die eigene internationale Karriere gewinnen konnte. Ingrid Deltenre, Generaldirektorin der European Broadcasting Union und somit auch gesamtverantwortlich für den ESC in diesem öffentlich-rechtlichen Netzwerk, nahm die Medaille entgegen.
Zu den bisherigen Preisträgern und Preisträgerinnen gehören der kürzlich verstorbene Lord George Weidenfeld, der Schriftsteller Cees Noteboom, die Filmregisseure Fatih Akin (Deutschland) und Abdellatif Kechiche (Tunesien), die Organisation Reporter ohne Grenzen, der Historiker Timothy Garton Ash sowie die im vergangenen Jahr ausgezeichnete Bosnierin Dunja Mijatović, OSZE-Beauftragte für die Freiheit der Medien. Mit anderen Worten: Die Karlsmedaille hat zwar nicht ganz den Rang des Karlspreises, der ebenfalls in Aachen verliehen wird, ist aber dennoch eine höchst ehrenwerte Auszeichnung - in jeder Hinsicht.
Es ist eine nahe liegende, verdiente Auszeichnung. Der ESC hat schlicht und ergreifend durch Entertainment und durch den friedlichen und sportlichen Modus der Punktevergabe dafür gesorgt, dass sich alle Länder an einem Abend musikalisch widerspiegeln. Man guckt, was andere Länder so zu bieten haben - und das auf eine populäre Weise, die kein Kulturkanal zu inszenieren vermag. Herzlichen Glückwunsch!