"ESC vor acht": ESC-Regelkunde mit Emily Roberts
Regeln müssen sein - das ist auch beim ESC so. In "ESC vor acht" spricht Alina Stiegler mit Emily Roberts über das Regelwerk des Eurovision Song Contest. Hier schaut sich "Dr. Eurovision" Irving Wolther einige Vorgaben genauer an.
Musikwettbewerbe sind so alt wie diese Welt. Naja, fast. Schon die alten Griechen konkurrierten nicht nur bei Olympischen Spielen miteinander, sondern auch bei dem einen oder anderen Gesangs- und Dichterwettstreit. Klar, dass es auch damals schon Regeln gab, denn Regeln müssen sein. Bei der Weihnachtsfeier sollte man ja auch vorher wissen, ob ein normales Wichtelgeschenk gewünscht wird oder Schrottwichteln angesagt ist, sonst wird's peinlich.
ESC-Regeln unterliegen laufendem Wandel
Spaß beiseite, ohne Regeln geht es nicht, weil die Vergleichbarkeit gewährleistet sein muss. Aber auch praktische Erwägungen spielen eine Rolle. Das gilt ganz besonders für den Eurovision Song Contest, der ja als Plattform für die Zusammenarbeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Europa (und darüber hinaus) ins Leben gerufen wurde. Das Regelwerk, das wir heute kennen, ist das Ergebnis eines langjährigen Try-and-Error-Prozesses. Und bis heute wird es regelmäßig überarbeitet.
Gleiches Recht für alle
Am Anfang stand der Gedanke, dass alle teilnehmenden Fernsehanstalten gleich behandelt werden sollen. So hat jedes Land bei der Abstimmung das gleiche Gewicht, ungeachtet seiner Größe oder Einwohnerzahl. Ursprünglich sollten die Auftritte von Regisseuren der jeweiligen Länder betreut werden. Das erwies sich dann aber als nicht umsetzbar und so beschränkte man sich darauf, für jeden Auftritt einen eigenen Dirigenten ans Pult zu stellen. Und auch das ist seit der Abschaffung des Liveorchesters 1999 längst Vergangenheit. Dafür muss bis heute live gesungen werden - zumindest die Leadstimme. Eine Regel zur Chancengleichheit hat sich allerdings bis heute gehalten, nämlich dass nicht mehr als sechs Personen auf der Bühne stehen dürfen. Auf diese Weise sollte ursprünglich verhindert werden, dass ein reicher Sender ganze Heerscharen von Musikern auf die Bühne stellen kann, während ein ärmerer froh ist, überhaupt jemanden zum Contest schicken zu können.
Drei-Minuten-Regel muss nicht ausgeschöpft werden
Viele Regeln entstanden erst im Lauf der Zeit - meistens als Reaktion auf eine unvorhergesehene Entwicklung. Dass in den frühen Jahren jedes Land in seiner eigenen Sprache singen musste, wurde erst festgeschrieben, nachdem ein Land (und zwar Schweden beim ESC 1965 in Neapel) es einmal nicht getan hatte. Politische Inhalte in den Songs sind seit 2006 nicht mehr gestattet, nachdem die Ukraine den Text ihrer Protesthymne "Razom nas bahato" beim ESC 2005 in Kiew auf Drängen der European Broadcasting Union (EBU) entschärfen musste. Schon in der Frühzeit des Wettbewerbs wurden die Songs auf drei Minuten Länge beschränkt, um den zeitlichen Rahmen der Sendung nicht zu sprengen, nachdem der italienische Beitrag 1957 in Frankfurt am Main geschlagene fünf Minuten gedauert hatte. Nach unten sind der Länge allerdings keine Grenzen gesetzt, wie der finnische Song "Aina mun pitää" von Pertti Kurikan Nimipäivät aus dem Jahr 2015 beweist: Er dauert gerade einmal 85 Sekunden.