Estland: "Feiern bis der Tierarzt kommt"
Hackschnitzel, Brigitte, Faxgerät - diese Worte machen in Bezug auf den ESC ungefähr so viel Sinn, wie der Text des Songs "Wo sind die Katzen", der estnischen Sängerin Kaia Tamm. Ein lyrisches Juwel, das aus insgesamt 22 verschiedenen deutschen Worten ("Miau" nicht mitgezählt) besteht. Während von H.P. Baxxter sicherlich ein anerkennendes "Wickeeeed!" angesichts der sprachlichen Varianz zu hören sein dürfte, wird man sich im Goethe-Institut gerade Luft zufächeln und den Praktikanten für eine große Dose Riechsalz in die Apotheke schicken.
Katzen, wo sind die Katzen? Katzen, wo sind die Katzen?
Wir tanzen, bis die Krallen glühen und feiern bis der Tierarzt kommt.
Bis der Tierarzt kommt, bis der Tierarzt kommt, bis der Tierarzt kommt.
Ausschnitt aus dem Song "Wo sind die Katzen" von Kaia Tamm
Kaia Tamm hat 23 Gegner im Vorentscheid
Im zweiten Semi-Finale des estnischen Vorentscheids Anfang Februar wird Kaia mit ihrem katzophilen Trash-Pop-Schinken antreten. Sollte sie sich gegen die insgesamt 23 anderen Kandidaten im Vorentscheid durchsetzen, wäre das eine Mini-Sensation: Ein komplett deutschsprachiger Song aus einem nicht-deutschsprachigen Land - das hat es in diesem Jahrtausend beim ESC noch nicht gegeben.
Die Prise Deutsch
Während die deutsche Sprache Menschen anderer Nationalität möglicherweise an eine medizinische Rachenspülung erinnert (vgl. hierzu das Wort: Streichholzschächtelchen), sind beim ESC vor allem osteuropäische Länder sehr wohlwollend mit unserer Sprache und bauen diese gerne mal in ihre Songs ein. Bekanntestes Beispiel: Verka Serduchka aus der Ukraine. In Helsinki 2007 kam "Dancing Lasha Tumbai" auf einen sensationellen zweiten Platz und ist seitdem Kult.
Sieben, sieben, ai lyu lyu Sieben, sieben, ein, zwei Sieben, sieben, ai lyu lyu Nu ein, zwei, drei Tanzen! Ausschnitt aus dem Song "Dancing Lasha Tumbai" von Verka Serduchka
Niemand hat jemals schöner den Tracking-Code einer Paketsendung eingesungen.
Sprachengulasch aus Polen
Auch die polnische Band Ich Troje hat mit der deutschen Sprache gespielt. "Keine Grenzen - Zadnych Granic" heißt der Song, mit dem sie 2003 in Riga auf einen soliden siebten Platz gekommen sind. Darin haben sie insgesamt drei Sprachen verwurstet: Polnisch, Russisch und Deutsch. Als Frontmann Michał Wiśniewski davon sang, dass er gerne mal ein Astronaut wäre, hat das zwar keinen Feuilletonisten vom Stuhl gerissen, aber für zwölf Punkte aus Deutschland gesorgt. 2006 sind Ich Troje mit dem Song "Follow My Heart" noch einmal angetreten - wieder mit deutscher Strophe - blieben aber im Semi-Finale hängen.
Erstaunliche Esten
Auch beim Show-gewordenen LSD-Trip "Leto svet" der estnischen Band Kreisiraadio 2008 in Belgrad sind immerhin drei verschiedene deutsche Worte zu hören:
"Sommerlicht. Das ist Sommerlicht. Sommerlicht. Das ist Sommerlicht. Sommerlicht. Das ist Sommerlicht." Ausschnitt aus dem Song "Leto svet" der Band Kreisiraadio
Gewagte Vermutung: Es könnte um Sommer und um Licht zu gehen. Am 16. Februar wissen wir, ob auch in diesem Jahr mit "Wo sind die Katzen" für Estland Drash- (=Deutsch-Trash) Musik an den Start geht. Ein Song, der trotz seiner Streitbarkeit immerhin weniger streitbar ist, als seine Interpretin. Kaia Tamm wirbt unter anderem für eine fragwürdige Software zum Wertpapierhandel und verkauft Angelhaken - Verzeihung, "Energie-Pyramiden" für 125 Euro das Stück. Wann kommt doch gleich der Tierarzt?