ESC 2020: Zwei Hamburger für San Marino?
Der Eurovision Song Contest 2020 in Rotterdam könnte einen interessanten Beitrag aus San Marino bekommen. Nicht nur eurovision.de-Songcheck-Experte Freshtorge hat sich für das kleine Land beworben. Zwei Hamburger legen nun nach - und ihr Song ist auch schon fertig. Pascal Strehler, Autor bei NDR Kultur, und Robert Hauspurg, Moderator bei Bremen Zwei, wollen mit einer trashigen Hymne auf das Land für San Marino starten. Der Titel: "San Mariyes - San Marino".
Unter ihren Künstler-Identitäten Pascal van der Straaten und Francesco Fragile haben sie sich beim san-marinesischen Sender SMRTV beworben. Hauspurg tritt in seiner Musiker-Rolle Fragile als Diplomatensohn aus San Marino auf, Strehler alias van der Straaten als in Rotterdam geborener Schiffskapitän. Strehler macht schon seit über zehn Jahren unter seinem Pseudonym Musik und veröffentlichte drei Alben mit Songs wie "Weiße Träume aus Ballonseide" und "Lass uns betrunken Auto fahren". Ein etwas anderes Interview:
Herr Fragile, Herr van der Straaten, "San Mariyes - San Marino" - der Titel Ihres Songs hat ja fast schon etwas Poetisches. Wer kam auf diese Idee?
Francesco Fragile: Da haben wir tatsächlich neulich drüber nachgedacht bei einem san-marinesischen Edelwein, den wir uns gerne aufmachen, wenn wir über unsere Texte sinnieren. Wir wissen es nicht mehr genau, wir haben mal rumgealbert. Wir werfen uns die Bälle zu, dann sprudelt da was raus. Ich glaube aber, es war Pascal. Auf jeden Fall gab es zuerst die Idee, für San Marino anzutreten, weil wir einfach ein Riesen-Fan dieses Kleinstaates sind.
Was ist denn so toll an diesem Land?
Pascal van der Straaten: Alles! Von vorne bis hinten. Von A bis Z, möchte ich sagen. Wir haben ein Herz für Mikrostaaten und San Marino ist ja auch noch eine Enklave, völlig umschlossen von einem anderen Land, nämlich Frankreich. Nein, Italien! (Fragile lacht) Das ist eine besondere Stellung und da sehen wir uns auch als Anwälte des Landes.
Wie ist denn Ihre Verbindung zum Eurovision Song Contest?
Van der Straaten: Ich liebe den ESC seit ich ein Kind bin. Noch weit vor Guildo Horn, noch weit bevor der ESC hierzulande wieder populär wurde. Als Kind habe ich schon gierig vor dem Fernseher gesessen und mir gedacht: Ein europäischer Musikwettbewerb, bei dem Länder gegeneinander antreten und sich mit Songs battlen? In dieser Welt möchte ich leben! Ich lebe das bis heute.
Fragile: Ich habe den ESC als Kind der DDR kennengelernt. Das hatte so eine Internationalität. Ich hab ihn heimlich bei Oma im Westfernsehen geschaut.
Gab es denn immer den Traum, dort auch einmal aufzutreten?
Van der Straaten: Absolut! Von der ersten Sekunde an.
Fragile: Dieser konkrete Traum kam dann irgendwie. Erstmal war es die "Mini Playback Show".
Van der Straaten: Ich hab mich auch beworben! Als Matthias Reim. Von dem Korb hab ich mich nie wieder erholt. (lachen)
Haben Sie eigentlich etwas mit Musik zu tun?
Fragile: Ja, wie man am Song hört, sind wir sehr sehr musikalisch. Er ist ein sehr professioneller Ohrwurm.
Van der Straaten: Ja, gut, den Song haben wir in fünf Minuten runtergeschrieben. Aber wir haben tatsächlich beide musikwissenschaftliche Hintergründe und haben Musik studiert.
Fragile: Ich habe mich auch noch mit Arrangements beschäftigt. Ich galt mal als Fachmann, dann hab ich es jahrelang nicht gemacht, aber für den Schlager reicht es. (lachen)
Sie hatten ihren Song "San Mariyes - San Marino" - und dann mussten Sie mit dem Rundfunk in San Marino Kontakt aufnehmen. Wie lief das ab?
Fragile: Wir haben die Telefonnummer gegoogelt, da angerufen, das da hingeschickt und hoffen jetzt, dass sie sich alternativlos nur noch für uns entscheiden können.
Van der Straaten: Das klang jetzt aber ein bisschen nüchtern erzählt. Man muss aber sagen: Das san-marinesische Fernsehen hat eine sehr, sehr nette Frau, die dort in der Telefonzentrale sitzt, uns geduldig zugehört hat und sich sehr darum bemüht hat, dass unser Song auch an den Head of Delegation Alessandro Capicchioni weitergeleitet wird. Ich wollte ihr noch ein paar Blumen schicken.
Wissen Sie, ob der Head of Delegation Ihren Song gehört hat?
Van der Straaten: Ich glaube, ja. Wir haben allerdings noch keine Rückmeldung. Mein Tagesablauf gerade: Alle zwei Sekunden aktualisiere ich meine Mails und schaue, ob was angekommen ist. Aber wenn sich am Ende Qualität durchsetzen wird - da sind wir ganz ehrlich und entspannt - dann sind wir in Rotterdam dabei.
In Ihrem Musikvideo sieht man zwei Frauen an eurer Seite tanzen. Wer sind die beiden?
Van der Straaten: Das sind die Rhythmo-Girlz. Die kältesten Wesen, die ich jemals getroffen habe. Der Legende nach wurden sie in einem kalten Winter, im Kalten Krieg in einem kalten Land geboren. Ich spreche auch nie mit ihnen. Ich weiß auch gar nicht, ob sie sprechen können.
Fragile: Ich seh sie auch immer nur Wodka trinken.
Sie haben beide Musikwissenschaften studiert. Wie würden Sie das Genre von "San Mariyes - San Marino" beschreiben?
Fragile: Virtuoser Pop-Schlager.
Van der Straaten: Ja, an "Schlager" kommen wir nicht vorbei. Und beim ESC abgeschaut haben wir uns natürlich, dass wir in alter Tradition den letzten Refrain eine Tonart höher setzen und wiederholen. Das muss sein!
Der Song ist ja auch eine Hymne auf das Land. Das gab beim ESC schon einmal. 2011 in Düsseldorf trat Weißrussland mit "I Love Belarus" an und flog im Halbfinale raus. Wie groß sehen Sie die Chance, mit Ihrem Song tatsächlich ein Finale zu erreichen?
Fragile: 99 Prozent!
Van der Straaten: Wir sind Fans der großen Geste. Wir lieben das. Wir lieben Europa, wir lieben San Marino.
Fragile: Es ist halt im Vergleich zu "I Love Belarus" auch nicht ausgedacht. Es ist keine Show. Es steckt ein ernster Gedanke dahinter, auch wenn es hier und da etwas humorvoll rüberkommen mag.
Mit welchem ESC-Song würden Sie "San Mariyes - San Marino" am ehesten vergleichen?
Van der Straaten: Ich bin ja großer Fan von Lettland 2008. Pirates Of The Sea mit "Wolves Of The Sea". Das war sehr trashig. Sie wurden ausgebuht - ich hab angerufen! Ganz so trashig sehe ich unseren Song aber nicht. Ganz im Herzen bin ich natürlich France-Gall-Fan und ich sehe uns da in der Tradition, auch wenn es ein bisschen vermessen zu sein scheint, uns mit ihr zu vergleichen.
Fragile: Bei France Gall muss ich dir beipflichten. Sonst hätte ich jetzt nochmal Guildo Horn in den Ring geworfen. Wenngleich wir ein bisschen gepflegter sind, körperlich.
Das Gespräch führte Marcel Stober.