Susan: "Junior ESC ist eine Krönung für mich"
Mit dem Song "Stronger With You" ist die 13-jährige Susan 2020 Deutschlands erste Kandidatin für den Junior Eurovision Song Contest. Sie nimmt Gesangsunterricht, tanzt seitdem sie fünf Jahre alt ist und hat bei mehreren internationalen Musikwettbewerben mitgemacht. Bei "The Voice Kids" war Susan im Team der ESC-Gewinnerin Lena und bei einem Konzert von Justin Bieber durfte sie bereits mit auf der Bühne tanzen. Susan setzte sich im JESC-Casting "Dein Song für Warschau" durch, hat den Song bereits in einem Tonstudio aufgenommen und stand auch schon für das Musikvideo vor der Kamera.
Susan, erst einmal ganz herzlichen Glückwunsch zu deiner Teilnahme am Junior ESC! Was haben deine Freunde gesagt, als sie davon gehört haben?
Susan: Als sie das gehört haben, sind die wirklich komplett ausgerastet, die waren wirklich aus dem Häuschen. Auch meine ganze Familie, mein Opa in der Ukraine - alle haben sich gefreut und sind jetzt mega aufgeregt, wie mein Auftritt sein wird. Und wir üben, wir üben und hoffentlich wird alles gut gehen.
Du bist zwar unser Act, hast dir den Song aber nicht selber ausgesucht. Levent Geiger, der Komponist, hat ja entschieden, dass du mit "Stronger With You" startest. War das auch dein Favorit oder hättest du lieber das schnellere "See You Later" gesungen?
Susan: Ich finde es ganz gut, dass ich den langsamen Song bekommen habe, weil ich finde, dass ich mit dem Song meine Stimmfarbe zeigen kann. Ich finde beide Songs echt cool, der andere ist für mich nicht so ein Gewinnerlied. Ich hätte mich aber auch über den anderen gefreut.
Was magst du denn an "Stronger With You"? Was macht es für dich zu einem Gewinnerlied?
Susan: Ich glaube, in Balladen kann man generell seine Stimme, die Höhen und Tiefen zeigen. Und dass das dann die Leute berührt und sie dafür auch voten werden.
Der Text von "Stronger With You" ist ja relativ offen gehalten. Was interpretierst du da hinein, was bedeutet der Song für dich?
Susan: Bei mir ist es so: Mein Musiklehrer ist vor einigen Tagen gestorben und ich hatte eine sehr enge Bindung mit ihm, weil ich ihn schon von klein auf kannte. Sehr viele Menschen haben nicht nur gute, sondern auch schlechte Zeiten und ich finde es wichtig, dass man auch in schlechten Zeiten zusammen mit seiner Familie ist und dass man dann stärker wird. Das verbinde ich damit.
Du warst schon bei so vielen Festivals - in Polen, in Weißrussland, in Russland. Wie kam das, dass du schon so sehr mit deiner Musik um die Welt gereist bist?
Susan: Meine Mutter ist ukrainisch, mein Vater türkisch - da bin ich international offen. Meine Mutter bringt mich zu den Singwettbewerben, damit ich meine Erfahrungen sammeln kann. Und das hat mir immer geholfen. Durch diese Auftritte hat sich auch meine Stimme entwickelt, weil ich so viele Dinge mitgenommen habe. Ich habe so viele Tipps bekommen, hatte so viele Vocalcoaches und Singstunden. So hat es sich ergeben, dass ich mit manchen Sachen leichter umgehen kann und dass vieles selbstverständlich für mich ist. Ich schätze das sehr, dass ich bei so vielen Wettbewerben teilnehmen konnte und es hat mir auch sehr viel Spaß gebracht.
Eine deiner Gratulantinnen war Alicja, die in diesem Jahr für Polen beim ESC hätte singen sollen. Woher kennt ihr euch schon?
Susan: Ich hatte in Polen mal einen sehr internationalen Wettbewerb für Sänger und für Tanzgruppen mit der Konin-Band. Es gab ganz viele Kinder, die daran teilgenommen haben. Ich habe sie da getroffen - sie war in einer anderen Kategorie, weil sie älter war als ich. Wir wurden beide für die große Gala ausgewählt. Und ich fand, dass sie einfach so eine krasse Stimme hat und so hübsch ist. Ich habe sofort ein Foto mit ihr gemacht, weil ich mir dachte, bestimmt wird sie irgendwann berühmt. Das konnte ich mir so gut vorstellen! Und ich freue mich umso mehr, dass sie jetzt "The Voice of Poland" gewonnen hat und beim ESC gewesen wäre. Auf jeden Fall sehr cool, wie sie sich entwickelt hat.
Und nicht nur mit Alicja hast du schon Kontakt gehabt, du kennst sogar einen direkten Junior-ESC-Konkurrenten in diesem Jahr schon, nämlich Oleksandr Balabanov, der für die Ukraine singt. Ist das nicht ein großer Zufall?
Susan: Ehrlich gesagt finde ich das gar nicht so unwarscheinlich. Ich kenne ihn von einem Wettbewerb in Weißrussland. Ich dachte mir auch, dass er bestimmt irgendwann groß rauskommen wird, weil er dort auch gewonnen hat. Und er hat so eine krasse Stimmfarbe. Wir haben auch Kontakt über Instagram, wir schreiben uns öfters. Und als er sein Casting hatte, habe ich auch die ganze Zeit die Daumen gedrückt, dass er genommen wird, dass wir uns vielleicht mal wieder sehen.
In Weißrussland hat er gewonnen, steht jetzt die große Revanche an?
Susan: Auf jeden Fall! Ich hab schon gesagt, dieses Jahr werd ich gewinnen. Aber ich hab ihm das wirklich gegönnt, der hat wirklich eine krasse Stimme gehabt. Und jetzt denke ich mir: Jetzt bin ich dran, jetzt muss ich gewinnen! (lacht)
Bist du jetzt eigentlich sehr traurig, dass es nun keinen Junior ESC mit allen Kandidaten in Warschau gibt und dir diese Erfahrung fehlen wird?
Susan: Am Anfang ja. Aber wegen Corona dachte ich mir das schon und jetzt finde ich es gar nicht mehr so schlimm. So ein extrem krasser Unterschied ist es nicht. Man schickt die Videos, es wird alles live im Fernsehen abgespielt und das Voting wird ja auch live sein, das ist fast das gleiche Feeling. Denn wenn ich das Video drehe, dann habe ich ja die ganze Zeit im Hinterkopf, dass das auch im Fernsehen ausgestrahlt wird. Und ich werde dann genau das gleiche Gefühl haben, als würde ich auf der Bühne stehen. Es ist schon schade, man denkt sich: "Warum ist das jetzt das Jahr, in dem ich teilnehme?", aber es ist kein Weltuntergang.
Unabhängig von diesem Showvideo für den Junior ESC - du hast in Berlin ja auch dein erstes eigenes Musikvideo für den Song gedreht, was war das für ein Gefühl?
Susan: Ich hatte schon ein paar Musikvideos, bei denen ich aber nicht komplett im Mittelpunkt stand. Aber es ist auf jeden Fall etwas Neues, eine neue Farbe. Das gehört zu der Erfahrung und für mein Leben später, dass ich sagen kann: "Wow, ich hatte mal ein Musikvideo." Ich kann das später meinen Kindern erzählen! Das sind dann Erinnerungen, die ich in mir drin bewahre und das ist auf jeden Fall sehr schön.
Du hast schon bei so vielen Formaten und Wettbewerben teilgenommen, hast mit Justin Bieber getanzt, warst bei "The Voice Kids". Was war dein Highlight bisher?
Susan: Ich hatte so viele Highlights, ich bin auch sehr dankbar, dass ich überall mitmachen durfte. Dass ich mit Justin Bieber tanzen durfte, das konnte ich mir gar nicht erträumen! Denn das war ja schon immer ein Traum, mit irgendeinem Star zu tanzen. Auch dass es sich so gut mit dem Singen entwickeln würde, hätte ich niemals gedacht. Nach "The Voice Kids" dachte ich mir, es gibt nichts Größeres mehr. Denn fast überall war ich schon und irgendwann muss doch noch was kommen! Ich hab an den richtigen ESC gedacht oder an das große "The Voice of Germany" und dann kam auf einmal der Junior ESC. Und ich dachte mir, das passt doch perfekt! Und dann hab ich so viel geübt, dass ich da nochmal rein kann. Denn das ist eine Krönung für mich, dass ich jetzt da mitmache.
Zum Abschluss natürlich die Frage: Hast du einen Lieblings-ESC-Song?
Susan: Mein Lieblings-ESC-Song ist "1944" von Jamala aus der Ukraine. Ich find den Song wirklich echt krass - und wie sie solche hohen Töne hinkriegt. Meine Schwester hat das auch mal gesungen. Dieser Song hat mich berührt, weil ja auch diese schlechte Zeit in der Ukraine war. Der Song war echt stark. Und dass Jamala damit gewonnen hat war auch eine Krönung für sie und für das ganze Land.