JESC-Komponist Levent Geiger: "Denke immer an Platz eins"
Levent Geiger komponiert den deutschen Song für den Junior Eurovision Song Contest 2020 in Warschau. Der 17-jährige Gymnasiast aus der Nähe von München hat schon viel Erfahrung im Musikgeschäft. Er spielt fünf Instrumente und gewann mehrfach Musikwettbewerbe wie "Jugend musiziert". Levent Geiger trat mit Nico Santos, Laith Al-Deen und dem Star-Pianisten Lang Lang auf. Er hat eigene Songs und als Teil eines Duos ein Klassik-Album veröffentlicht. Levent Geiger war Teilnehmer an der Sat.1-Show "Superkids" und 2015 und 2019 Finalist beim KiKA-Wettbewerb "Dein Song". An der Tür zu seinem Tonstudio im Keller des Elternhauses hängt noch heute ein Poster der Show von 2015.
Levent, du schreibst unseren Song für Warschau, wie weit bist du denn schon?
Levent Geiger: Genau, ich habe die große Ehre, für Deutschland den Song zu schreiben! Ich habe schon ein paar Ideen. Die endgültige Idee steht noch nicht, aber ich probiere die ganze Zeit herum. Es ist nicht ganz einfach, einen Song zu finden, weil ich noch nicht weiß, ob ihn ein Mädchen oder ein Junge singt. Aber ich freue mich und es wird super!
Was geht dir denn gerade dazu durch den Kopf?
Levent: Richtig viel kann ich noch nicht sagen. Zurzeit mache ich es so, dass ich an einer Ballade und an einem schnellen Song schreibe. So habe ich eine Alternative, um zu sehen, was dann am besten zur Sängerin oder zum Sänger passt. Es wird aber ein Popsong.
Wie kam das eigentlich, dass du der Komponist des ersten deutschen Junior-ESC-Beitrags bist?
Levent: Der NDR hat bei "Dein Song" angefragt, ob die einen Komponisten hätten, der den Song schreiben kann. Nach "Dein Song" habe ich mit zwei Produzenten aus Darmstadt zusammengearbeitet. Einer von ihnen saß dort auch in der Jury und die haben mich dann vorgeschlagen. Der NDR und das ZDF waren dann total begeistert von der Idee. Denn in anderen Ländern ist es so, dass da ein größeres Team von professionellen und bereits erfolgreichen Künstlern den Song schreibt. Und die Verantwortlichen fanden es super, dass bei uns auch der Komponist ein Jugendlicher ist. Und das finde ich auch eine coole Idee.
Und du komponierst den Song komplett alleine?
Levent: Ich mache das komplett alleine. Ich schreibe den Song bei mir zu Hause und produziere ein bisschen selber für mich vorab. Wenn es dann soweit ist, fahren wir mit der Sängerin oder dem Sänger ins Studio nach Darmstadt und nehmen den Song mit zwei Produzenten dann noch einmal professionell auf.
Du selbst komponierst nicht nur. Du singst, spielst Schlagzeug, Klavier, Saxophon, Gitarre und Bass. Woher kommt diese Liebe zur Musik?
Levent: Angefangen hat das bestimmt durch meinen Papa, weil er früher Klavier gespielt hat. Ich wollte aber gar nicht mit Klavier anfangen, ich wollte schon immer Schlagzeug spielen. Das war auch mein erstes Instrument. Und dann bekam ich auch immer mehr Lust auf die anderen Instrumente. Ich bin auch ein total ehrgeiziger Mensch, das liegt einfach in mir. Ich weiß gar nicht, warum.
Du hast auch schon sehr viele Preise gewonnen, viele Auftritte gehabt. Was war das Größte für dich bisher?
Levent: Der größte Schritt bisher für mich war "Dein Song". Und zwar das zweite Mal, das ich mitgemacht habe. Denn das hat für mich noch einmal bestätigt, dass ich wirklich in die Singer-Songwriter-Schiene will. Was aber auch superwichtig war, ist, dass ich früher viel Klassik gemacht habe und da viele Auftritte hatte und Erfahrungen sammeln konnte. Auf der Bühne, beim Reden mit den Zuschauern - das hat mir auf jeden Fall geholfen, Selbstbewusstsein zu bekommen, auf der Bühne zu stehen und zu sagen: "Ich schaffe das".
Du kommst von der Klassik, machst jetzt aber auch Popmusik. Wofür schlägt dein Herz mehr?
Levent: Jetzt auf jeden Fall für Pop. Es macht mir Spaß, einen Song zu schreiben, den es noch nicht gibt. Das ist bei der Klassik nicht so, da spielst du halt nach. Das ist auch supercool, aber mir macht einfach dieser kreative Prozess sehr viel Spaß.
Es gibt ja auch Kritik am Junior ESC. Da heißt es: Es würden Kinder unter zu großem Leistungsdruck stehen. Außerdem würden sie so angezogen und müssten sich so verhalten wie Erwachsene. Du machst schon seit frühester Kindheit Musik, hast Fernseh-Erfahrungen - was sagst du dazu?
Levent: Ich finde, dass es schon ein Druck für die Jugendlichen ist. Die singen live vor einem Riesen-Publikum. Aber sie werden natürlich auch betreut und bekommen alles mit, was sie wissen müssen. Sie müssen den Song auch nicht selber schreiben, also können sie sich ausschließlich auf die Performance und den Gesang konzentrieren. Und oft haben die Teilnehmer davor auch schon Fernseh-Erfahrungen. Oft waren sie vorher etwa bei "The Voice Kids" und kennen sich schon ein bisschen aus. Klar ist der JESC eine Stufe höher, weil ganz Europa zuschaut. Aber vor allem bei mir war es so: Wenn man jünger ist, dann macht man sich auch nicht so einen Kopf. Ich glaube, das schlimmste Alter, um aufzutreten, ist so mit 16 Jahren, wenn man langsam anfängt, sich Gedanken zu machen, was schiefgehen könnte. Das ist viel schlimmer, als wenn man jünger ist.
Die aktuelle JESC-Siegerin Viki Gabor hat 2019 im Alter von zwölf Jahren gewonnen. Was hältst du eigentlich von ihrem Gewinnersong "Superhero"?
Levent: Ich find ihn echt richtig gut! Ich muss echt sagen, als ich ihn das erste Mal gehört habe, dachte ich: "Okay, ich muss jetzt einen richtig geilen Song raushauen, damit wir da eine Chance haben."
Wie muss denn ein guter Song für den Junior Eurovision Song Contest sein?
Levent: Schwierig zu sagen. Dieses Jahr ist das Motto ja "Move The World" und ich finde, es muss auf jeden Fall ein Song sein, der die Leute bewegt. Ich schreibe gerade auch an etwas mit hymnenartigem Charakter. Man muss schauen: Womit kann man die Leute berühren? Ob mit einer Ballade oder einem schnelleren Song, weiß ich noch nicht. Vielleicht wird es auch etwas ganz anderes, aber es muss besonders sein. Mein Ziel ist: Wenn man den Song hört, muss man sagen, dass er geil ist. Und nicht erst überlegen, warum der geil ist.
Normalerweise schreibst du ja für dich selbst und singst eher auf Englisch. Das Lied, das du jetzt schreibst, singt aber definitiv jemand anderes und es muss laut Regeln zu mindestens 60 Prozent auf Deutsch sein. Was ändert das an deiner Arbeit?
Levent: Es ändert schon viel. Weil ich nicht so viel auf Deutsch schreibe. Wahrscheinlich mache ich trotzdem einen englischen Chorus, da schauen wir mal. Es ist eine Herausforderung, weil ich jetzt noch nicht weiß, für wen ich den Song schreibe. Klar denke ich auch daran, was den anderen Ländern gefallen könnte. Man muss an viele Kriterien denken, aber das ist eine Herausforderung, die ich gerne annehme - und eine neue Erfahrung.
Denkst du denn heimlich schon an den Sieg für Deutschland beim Junior ESC?
Levent: Man muss immer an den Sieg denken! Wenn ich Songs schreibe, ob für mich oder für den Junior ESC, dann denke ich immer an Platz eins in den Charts oder beim Junior ESC, denn sonst wird's nichts. Man muss immer größer denken, als es vielleicht ist, aber vielleicht wird es dann auch so. Man darf sich nicht festfahren - wenn es nicht so kommt, auch kein Problem, aber man muss sich die Ziele trotzdem immer hoch setzen.
Hast du eigentlich eine Verbindung zum "richtigen" Eurovision Song Contest - oder einen Lieblingssong?
Levent: Den habe ich auch gesehen, das ist auch eine coole Sache. Aber jetzt bin ich natürlich voll auf dem Junior-ESC-Trip. Ich fokussiere mich da voll drauf und schaue die ganzen Sendungen an, was da so ankommt. Beim ESC sind auch immer viele gute Songs dabei, aber Lena Meyer-Landrut mit "Satellite" sticht schon heraus.