Betzavta: Kulinarisches Kennenlernen in Israel
Beim Eurovision Song Contest vor Ort zu sein, bedeutet nicht nur, die größte Musikshow der Welt live mitzuerleben, sondern auch mit anderen Fans zu feiern und neue Leute kennenzulernen. Um den Kontakt zu Einheimischen zu erleichtern, haben der 29-jährige Software-Entwickler Niv Saar und der 32-jährige Programmierer Ori Pearl die Online-Plattform Betzavta ins Leben gerufen. Hier kann man sich gegen einen kleinen Unkostenbeitrag von israelischen Gastgebern zu einem traditionellen Sabbat-Mahl einladen lassen, mit ihnen ins Gespräch kommen und aus erster Hand mehr über Land und Leute erfahren.
"Mein Traum ist, dass jeder Tourist, der nach Israel kommt, die Möglichkeit hat, neue Freunde in Israel zu finden. Und dass die Einheimischen einmal im Monat oder einmal im Jahr ihr Zuhause für Fremde öffnen und daraus neue Freundschaften entstehen", schwärmt Niv Saar, der Betzavta vor zwei Jahren ins Leben rief. Die große Frage für ihn und Ori Pearl war, wie man israelische Gastgeber und ausländische Reisende zusammenbringt. Über Facebook-Gruppen machten sie Werbung für ihr Projekt, und schon bald berichteten auch die israelischen Medien über Betzavta. Mittlerweile sind über 1.000 Familien, WGs, Paare und Einzelpersonen als Gastgeber registriert.
Betzavta eine Erweiterung des eigenen Horizonts
Betzavta heißt auf Hebräisch so viel wie "miteinander". Der Begriff steht aber auch für ein Programm, mit dem die Erziehung zur Demokratie in Israel und die Konfliktkompetenz des Einzelnen gefördert wird. Es wurde von der Politikwissenschaftlerin Uki Maroshek-Klarman am Jerusalemer Adam Institute for Democracy and Peace entwickelt. Das gemeinsame Sabbat-Mahl tut das in gewisser Weise auch: "Wir fragen nicht nach der Weltanschauung der Teilnehmer", erklärt Niv. "Aber wenn man sich bewusst dafür entscheidet, den Abend mit einem Einheimischen zu verbringen, statt in irgendein Restaurant zu gehen, verfügt man über eine gewisse Weltoffenheit und Toleranz. Und wenn man dann auf jemanden trifft, der eine andere Weltsicht hat, ist das eine Erweiterung des eigenen Horizonts."
Essen, trinken, diskutieren
Niv ist selbst Gastgeber und empfängt etwa alle drei bis vier Wochen Besucher aus der ganzen Welt. "Natürlich führen wir auch politische Gespräche", erzählt er. "Manchmal haben wir unterschiedliche Sichtweisen, aber wir hören einander zu, und es geht ja in erster Linie darum, einen schönen Abend miteinander verbringen." Dass der Abend schön wird, dafür sorgen die Gastgeber mit viel Liebe und Herzblut: "Unsere Gastgeber sind keine Spitzenköche, aber es ist für sie eine Frage der Ehre, ihren Gästen einen schönen Abend zu bereiten", sagt Niv. Und Israelis würden im Allgemeinen für ihr Leben gern kochen. Auf der Betzavta-Seite kann man sich ein Bild davon machen, wie so ein typisches Sabbat-Mahl aussehen kann.
Betzavta soll eine internationale Freundschaftsplattform werden
Etwa 750 Gäste haben das Angebot von Betzavta bereits in Anspruch genommen, und viele Reiseblogger zählen das Sabbat-Mahl bei Einheimischen bereits zu den Dingen, die man als Tourist in Israel unbedingt unternommen haben sollte. Niv und Ori wollen ihr Projekt irgendwann zu einer internationalen Freundschaftsplattform weiterentwickeln: "Aktuell konzentrieren wir uns darauf, Touristen und Israelis miteinander zu verbinden, aber wir haben ein viel größeres Ziel: Wir möchten Menschen aus allen möglichen Ländern miteinander verbinden - oder auch innerhalb Israels, zum Beispiel aus Jerusalem und Tel Aviv." Denn wer miteinander isst und diskutiert, entwickelt Verständnis für den anderen und bekämpft ihn nicht.
Es gibt noch freie Plätze
Projekte wie Betzavta, bei denen man sich von Gastgebern vor Ort zum Essen einladen lassen kann, gibt es auch in anderen Städten und Ländern, doch das gemeinsame Essen mit Familie und Freunden am Freitagabend ist fester Bestandteil der israelischen Kultur. Für alle, die ein solches Sabbat-Mahl bei Einheimischen zu Hause erleben möchten: Es gibt noch freie Plätze, nicht nur in Tel Aviv, sondern auch bei Gastgebern in anderen Städten, zum Beispiel in Jerusalem. Der 17. Mai ist natürlich heiß begehrt. Doch je früher man sich anmeldet, desto größer sind die Chancen, am Vorabend des ESC-Finales an einem traditionellen Sabbat-Mahl teilnehmen zu können - und vielleicht sogar neue Freunde in Israel zu finden.