Stand: 02.10.2018 13:10 Uhr

Cher singt Abba: Mitunter wie Karaoke

Die Band ABBA beim Grand Prix d'Eurovision 1974 in Brighton. © NDR
Trotz ihres Sieges beim beim ESC 1974 in Brighton wurden Abba zunächst als One-Hit-Wonder belächelt. Eine grobe Fehleinschätzung.

Abbas Musik musste sich schon 1974, beim ESC-Sieg in Brighton, vorwerfen lassen, allzu gefällig zu sein. "Waterloo", der Titel, mit dem die Weltkarriere beim Eurovisionsfestival begann, galt als Bubblegum-Nummer, deren Interpreten ein Jahr darauf vergessen sein würden.

Das hatte sich schon 1975 erledigt und als Fehlwahrnehmung erwiesen. Etliche Alben später, bis zur Auflösung der Gruppe Anfang der 80er-Jahre, erst recht: Abba waren da längst zu einem der größten Pop-Acts überhaupt geworden.

Abba bewegt immer noch viele Menschen

Dass Abba immer noch Menschen bewegt, beweist nicht nur ein Filmchen, das der SWR am 20. Juli dieses Jahres in seinem Regionalprogramm unter dem Titel "Abba lebt! Ein Leben als Anni-Frid-Double" sendete, auch der Beitrag im Bayerischen Fernsehen unter der Überschrift "Abba-Seligkeit im Deutschen Theater" in München beweist: Diese zwei Schwedinnen und diese zwei Schweden sind unvergesslich. Abba ist immer noch im Bewusstsein eines Millionenpublikums stark präsent.

Cher – eine Dancing Queen?

Cher Künstlerfoto © Warner Music Foto: Warner Music
Mit über 70 Jahren hat Cher noch immer nicht genug. Mit dem Abba-Album "Dancing Queen" hat sie sich und ihre Sangeskünste noch einmal herausgefordert.

Das muss sich auch die US-Bühnenikone Cher gedacht haben, als feststand, dass sie in der Fortsetzungsverfilmung von "Mamma Mia!" eine kleine Rolle übernehmen würde: Cher, unentwegt auf Tour und sich trotz ihrer mehr als 70 Lenze dabei offenkundig fit haltend, ließ sich überreden, zehn Songs von Abba zu interpretieren. Ihr Album ist nun auch in Deutschland erhältlich, Titel "Dancing Queen".

Um ihr die Ehre zu geben, das Projekt der Neuinterpretation zu erläutern: Sie sagte, "nach dem Film 'Mamma Mia!' wurde ich wieder einmal daran erinnert, welch großartigen und zeitlosen Lieder die Männer von Abba schrieben. Ich dachte: Warum sollte ich nicht ein Album daraus machen - mein Abba-Album? Am Ende weiß ich, dass die Lieder viel schwerer zu singen sind, als ich selbst vorher dachte."

Ja, das muss lehrreich gewesen sein. Und wie recht sie hat! Alles klingt wie Cher, wie die Frau mit der Stimme, die "Believe", "I've Got You, Babe" und "Love And Understanding" zu kostbaren Tonperlen gemacht hat. Ihre Abba-Songs aber besagen nur dies: schöner Versuch insgesamt, einzelne Titel besser als andere, aber bei "Dancing Queen" und "Waterloo" reicht Cher nicht an die Vokalarbeiten von Agnetha und Frida heran. Auch "Fernando", "Chiquitita", "SOS" und "Mamma Mia" erreichen nicht das Funkeln der Originale.

Filigrane Produktion? Fehlanzeige!

Der ESC-Siegertitel hört sich bei Cher wirklich wie ein karaokehafter Versuch einer hochbegabten Stimme an, die es mit einem magischen Stimmarrangement aufnimmt - vergebens. Allenfalls "One Of Us" hat die traurig stimmende Qualität der Abba-Frauen in stimmlicher Hinsicht. Der Sound selbst ist abbaesk gehalten, aber auch dabei wird deutlich, welche filigranen Kompositionen Benny Andersson und Björn Ulvaeus erarbeitet und mit Abba zu Tonspuren für die Ewigkeit gefertigt haben. Chers Produktion fällt dagegen fast als flach auf.

Schade, möchte man sagen. Andererseits ist es so: Abbas Lieder laden zum Mittanzen und Mitsingen ein - und jeder, der dies versucht, merkt schnell, wie schwierig das ist. Cher hat sich verhoben. In dem im Sommer in Deutschland veröffentlichten Film ist sie ein Hingucker sondergleichen. Das Album ist nur etwas für echte Cher-Liebhaber.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 29.09.2018 | 19:05 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

1974

2018