Dana: "Ein gutes Lied überwindet Grenzen"
Gut drei Jahrzehnte nach ihrem Grand-Prix-Sieg 1970 in Amsterdam ist Dana noch immer ein Eurovisions-Fan. Was allerdings ein Truthahn beim größten Musikwettbewerb der Welt zu suchen hat, versteht die Irin nicht. Am 28. Februar 2008 gab sie eurovision.de ein Interview.
eurovision.de: Sie haben als Gastjurorin beim irischen "Eurosong"-Finale die Teilnehmer beurteilt und das Ergebnis missbilligt. Was haben Sie gegen Dustin the Turkey?
Dana: Sein Lied ist gut, aber für die Eurovision nicht geeignet. Der Grand Prix ist ein einzigartiger, besonderer Wettbewerb. Ein sehr wichtiges Event im Musikbusiness. Keine Puppe sollte dort Lieder vortragen. Es gibt zu viele wunderbare Sänger, die dort versuchen, eine Karriere zu starten. Unser Land sollte nicht von einem Truthahn repräsentiert werden.
eurovision.de: Was schlagen Sie vor?
Dana: Es wäre besser, wenn Irland dieses Jahr auf die Teilnahme beim Grand Prix in Serbien verzichten würde. Obwohl so ein Lied wie Dustins innerhalb eines Landes witzig sein mag, zollt es dem Wettbewerb und den anderen teilnehmenden Ländern gegenüber keinen Respekt, die das Ganze ernst nehmen.
eurovision.de: Was macht ein gutes Eurovisionslied aus?
Dana: Ein gutes Lied überwindet Grenzen. Es sollte nicht schnell für den Wettbewerb zusammengestrickt worden sein. Der Komponist sollte mit seinem künstlerischen Verständnis dahinter stehen. Und das spürt man, wenn man das Lied hört. Natürlich sollte der Interpret auch mehr können, als nur gut auszusehen. Ein starker Auftritt braucht gute Sänger.
eurovision.de: Wie sehr hat Ihr Sieg 1970 in Amsterdam Ihr Leben verändert? Sie waren gerade 18 Jahre alt.
Dana: Es hat mein Leben völlig verändert. Obwohl ich ursprünglich Sängerin werden wollte, wollte ich bis kurz vor meiner Teilnahme an der Eurovision doch Lehrerin werden. Da rief mich der Produzent des Eurosong an und bot mir ein Lied an: "All kinds of everything". Ohne dieses Lied hätte ich keine Karriere in der Musikindustrie geschafft.
eurovision.de: Welche Erinnerung an Amsterdam ist 38 Jahre später am Lebendigsten?
Dana: Ich war so jung und unerfahren und noch nie außerhalb von England und Irland gewesen. Ich war ein großer Fan von der englischen Sängerin Mary Hopkins, der Favoritin in Amsterdam. Es war toll, sie dort zu treffen, ebenso wie Katja Epstein, die sehr nett zu mir war. Ich war recht unbekümmert, weil ich dachte, ein Sieg für mich ist ausgeschlossen. Ich wollte nur die Zeit mit den Leuten dort genießen.
Als ich gewann, war ich völlig schockiert. Ich weiß noch, wie ich hinter der Bühne darauf wartete, meinen Preis überreicht zu bekommen. Ich konnte gar nicht glauben, was gerade passierte. Als ich auf die Bühne trat, sah es aus, als ob jeder einzelne aus dem Publikum aufstand und zur Bühne strömte. Plötzlich waren da Hunderte von Blitzlichtern. Und ich erinnere mich an meine Rückkehr nach Irland, wo mich Tausende von Leute empfingen. Es war ein großes Fest.
eurovision.de: Sie haben mehrfach für Papst Johannes Paul II. gesungen. Haben Sie auch für den damaligen Kardinal Ratzinger gesungen, der heute Papst Benedikt ist, als Sie ihn trafen?
Dana: (lacht). Nein, damals habe ich ihn nur für ein paar Minuten getroffen, er hat mir eine Auszeichnung überreicht. Ich wusste überhaupt nicht, wen ich erwarten sollte. Er hatte ja den Spitznamen "guard dog" (Wachhund). Als sich die Tür öffnete, kam ein sehr bescheidener, gütiger und charmanter Mann auf mich zu - das Gegenteil von dem, was ich erwartet hatte. Ich habe mich sehr gefreut, als er zum Papst gewählt wurde.
eurovision.de: Haben Sie noch Kontakt zur anderen Grand-Prix-Ehemaligen?
Dana: Johnny Logan kam letzten Herbst zur Veröffentlichung meiner aktuellen Autobiographie. Mit Linda Martin stehe ich im regen Kontakt. Es sind sehr natürliche, auf dem Teppich gebliebene, Leute.
eurovision.de: Also ist die Eurovision eine Welt, der Sie sich noch zugehörig fühlen?
Dana: Ja, sie ist sehr wichtig. Ein außerordentliches Ereignis. Alles, was Menschen zusammenbringt, ist gut. A propos zusammenbringen: Darf ich eine Anekdote erzählen, die durch die Eurovision zustande kam?
eurovision.de: Gerne.
Dana: Ein paar Jahre nach meinem Sieg war ich auf einem Flughafen unterwegs, als ich bemerkte, wie mir ein junger Mann folgte. Ich hatte das Gefühl, er will mich ansprechen und ich blieb stehen. Er kam auf mich zu und fragte, ob ich den Grand Prix gewonnen hätte und ihm ein Autogramm geben würde. Als ich gerade, alles Liebe, Dana, schreiben wollte, sagte er: "Anne-Marie, Sie sind wunderbar". Er dachte tatsächlich, ich sei Anne-Marie David, eine andere Grand Prix Königin (sie siegte 1973 für Luxemburg, die Red.)! Ich war perplex! Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass er jemals wieder einen Grand Prix Gewinner trifft und um ein Autogramm bitten kann? Also schrieb ich: Alles Liebe, Anne-Marie David.
eurovision.de: Wo werden Sie den nächsten Grand Prix verfolgen?
Dana: Wir machen mit der ganzen Familie immer einen lustigen Abend vor dem Fernseher, mit Popcorn und Getränken und tippen auf einen Gewinner. Während dieses Mal der Truthahn auftritt, werde ich jedoch in die Küche gehen und Tee kochen.
eurovision.de: Haben Sie schon einen Favoriten aus den Vorentscheiden?
Dana: Ich habe noch nicht viele Songs gehört. Und Irland hat nur einen Truthahn im Einkaufswagen.
eurovision.de: Machen Sie noch Musik?
Dana: Ich habe gerade das Album "A thing called love" auf unserem Musiklabel Dana Music aufgenommen. Es geht zurück zu meinen Wurzeln, beinhaltet zeitgenössische irische Musik und etwas Country.