"ESC ist wie ein großes Elfmeterschießen"
Eine Woche bevor es beim deutschen Vorentscheid in Hannover um das Ticket nach Wien geht, hat Alexa Feser ein kleines Konzert bei NDR 2 gespielt. Rund 200 Fans gab die Sängerin schon mal eine Kostprobe ihres Könnens. ESC-Experte Thomas Mohr hat sie vorher zum Interview getroffen.
Kleines Quiz: Wie heißen die beiden deutschen ESC-Siegerinnen?
Alexa Feser: Lena Meyer-Landrut und Nicole.
Korrekt! Gucken Sie den ESC eigentlich regelmäßig?
Feser: Immer, immer, immer!
Die musikalische Spannbreite zwischen Nicole und Lena ist ja sehr groß, wo ordnen Sie sich da als potenzielle Nachfolgerin ein?
Feser: Genau dazwischen. Ich bin ein Singer-Songwirter, der deutsche Popmusik macht. Ich finde es toll, dass ich da als deutschsprachige Sängerin mitmachen kann. Der ESC wird ja immer internationaler. Ich finde es schön, wenn man die Nationalsprache hört, weil es viel emotionaler ist, wenn man in seiner Muttersprache singt. Und diese echten Gefühle verstehen die Menschen, auch wenn sie die Sprache nicht verstehen, eben weil es authentisch ist.
Warum spielen Texte in deutscher Sprache für Sie eine große Rolle?
Feser: Weil ich so denke, so fühle, damit groß geworden bin und ich mich so ausdrücken kann. Weil es die Sprache meiner Gefühle und Gedanken ist und weil es die ehrlichste Form ist. Wenn ich mir immer überlegen müsste, wie ich dies und das auf Englisch ausdrücke, hätte das gar nichts Reales mehr.
Die meisten Länder schicken englischsprachige Songs in den Wettbewerb. Haben Songs, die in Muttersprache vorgetragen werden, einen Wettbewerbsnachteil?
Feser: Am Ende glaube ich: Musik spricht keine Sprachen. Es gewinnt der, der die Leute emotional am meisten packt. Das kann sogar von der Tagesform abhängen. Manchmal würde man an einem Tag einen anderen als Sieger wählen als am Tag zuvor. Das liegt ja auch an den Zuschauern, welche Emotion sie gerade haben. Oder daran, wie der Künstler gerade drauf ist. Deswegen ist da alles möglich. Am Ende ist es ein großes Elfmeterschießen.
Wäre es für Sie eine Option, zum Beispiel den Song "Glück" extra für den internationalen Wettbewerb - so wie es in Schweden üblich ist - auf Englisch umzutexten?
Feser: Das schließe ich aus, weil ich eben eine deutschsprachige Künstlerin bin.
Man kann Ihre Songs als Art Erweckungssongs bezeichnen. So wie "Wunder gibt es immer wieder" von Katja Ebstein beim ESC 1970 in Amsterdam. Ihre Texte sind nur etwas krasser ("Wenn dich das Leben wieder niederstreckt - und du liegst mit dem Gesicht im Dreck"). Aber ist es das was Sie wollen: Mut machen?
Feser: Das Leben schreibt die besten Geschichten. Und ich singe über mein Leben. Ich persönlich hatte oft die Situation, in denen ich nicht mehr weiter wusste, an mir selbst gescheitert und dadurch sehr gereift bin. Ich hab erfahren, Geduld zu haben, an etwas dran zu bleiben, nicht die Flinte ins Korn zu schmeißen ... und dass sich diese Geduld lohnt. Manchmal ist das, was auf den ersten Blick negativ und ausweglos erscheint, gar nicht so auf den zweiten Blick.
Ihr Motto lautet "Aus Wunden Wahrheiten machen". Ist dieser Ansatz für den ESC nicht etwas zu subtil?
Feser: Mut machen ist generell ein gutes Thema. Musik verbindet und soll motivieren. Alles, was emotional ist, ist gültig. Das können auch traurige Liebessongs sein. Ich finde es toll, für den ESC einen Weisheitssong zu machen, bei dem die Menschen auch einen Denkansatz bekommen und den Text für sich selber reflektieren können.
In Hannover treten Sie gegen viele renommierte deutsche Künstler an. Wie wichtig ist es Ihnen, die Vorentscheidung zu gewinnen?
Feser: Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich mir noch keinen der anderen Songs angehört habe. Ich bin auch kein Mensch, der die Show als Wettbewerb sieht. Für mich ist es eine tolle Chance mich zu präsentieren, zu zeigen wer ich bin und ein eigenes Statement zu hinterlassen. Unter uns Musikern ist das eh nicht so relevant mit dieser Wettbewerbsgeschichte. Das machen meist die Medien draus.
Hatten Sie auch einmal Angst, dass Ihnen die Teilnahme beim ESC schaden kann?
Feser: Ich denke, wenn man so da rangeht, sollte man gar nicht mitmachen. Wenn man das Beste daraus macht und sich so präsentiert, wie man sich gern präsentieren möchte, ehrlich und authentisch bleibt, dann kann das grundsätzlich nicht schaden.