"Der ESC ist süß, fruchtig und heiß"
Ein warmer Frühsommertag in Malmö. Marco Mengoni schlendert entspannt durch die Altstadt. An einen Ort kommt er während dieser Woche besonders gerne: Denn dort gibt es nicht nur Kaffee, sondern auch Schallplatten zu kaufen. Bei einem Café Crema mit Milch, Espresso mag er nicht, erzählt er von seinen Ängsten, seinen Hoffnungen und verrät, warum er an die Unteilbarkeit der Zahl Drei glaubt.
Du hast bei der Pressekonferenz gesagt, der härteste Teil deiner Arbeit sind Interviews. Ist es jetzt sehr schlimm?
Marco Mengoni: Einzelinterviews sind immer okay, aber vor Pressekonferenzen habe ich wirklich Angst. Ich weiß gar nicht warum, aber da bin ich immer aufgeregt. Das hat auch gar nichts mit der Sprache zu tun. In Sanremo war ich auch aufgeregt. Wenn ich auf der Bühne stehe, ist das nicht so. Da fühle ich mich zu Hause.
Eigentlich bist du ja gerade auf Tour. Das Konzert in Mailand war am 11. Mai und am 20. Mai geht es weiter in Turin. Diese Woche in Malmö muss doch Urlaub für dich sein!
Mengoni: Ja (lacht). Aber im Ernst: Ich bin sehr zufrieden, das erste Konzert in Mailand gemacht zu haben. Ich konnte ein bisschen Energie tanken und mit Kraft aus meinem Land ins Ausland kommen.
Du wirkst immer extrem entspannt auf der Bühne. Auch bei deinen ESC-Proben und Auftritten. Ist dir der ESC egal?
Mengoni: Nein, ich mache das, was ganz natürlich in mir ist. Deshalb gehe ich auch im Pyjama auf die Bühne.
Und wie trittst du beim Finale auf? Wirst du dich rasieren?
Mengoni: Das weiß ich noch nicht, ob ich mich rasiere. Sicherlich kürze ich meinen Bart ein bisschen. Aber das hängt davon ab.
Wovon?
Mengoni: Davon, wie ich aufwache (lacht). Das hängt vom Feeling am Morgen und vom Karma ab. Aber ich werde mich elegant kleiden. So wie es Italien von mir verlangt (lacht). Ich werde etwas von dem Designer Salvatore Ferragamo tragen.
Du bist früher auf Hochzeiten aufgetreten. Gibt es ein Lied, das dich seitdem verfolgt?
Mengoni: Das mit den Hochzeiten habe ich gemacht , um nebenbei Geld zu verdienen. Ein Lied, dass ich wirklich abgrundtief hasse ist "Il Meneito" (singt). Das ist so wie "Macarena". Furchtbar! Und wirklich alle haben sich das gewünscht. Ich musste es viel zu oft singen. Aber trotzdem war es eine gute Schule.
Aber auch hier beim ESC gibt es viele Tanz-Choreografien. Da fällst du mit deinem Auftritt raus.
Mengoni: Ja, zum Glück! Stell Dir mal vor, ich würde zu "L'Essenziale" "Macarena" tanzen! (Lacht.) Aber ein Großteil der Lieder hier beim ESC sind Dance-Stücke. Wir präsentieren eine klassische italienische Ballade und ich bin sehr zufrieden damit. Denn in Italien ist "L'Essenziale" sehr gut angekommen. Und deshalb ist es für mich so, als hätten die Italiener gesagt: "OK, geh in andere Länder mit dem Song."
Du selbst bist ja sehr bekannt in Italien. Kann deine Teilnahme am ESC den Wettbewerb dort bekannter machen?
Mengoni: Ich hoffe, dass der ESC mehr Aufmerksamkeit bekommt. Aber er wird auch jetzt schon positiv wahrgenommen. Italien hat so viele Jahre gefehlt beim ESC, deshalb ist der Wettbewerb nicht so bekannt wie hier. Aber ich bin sehr zufrieden. Denn das erste Semifinale haben doppelt so viele gesehen wie im Vorjahr.
Und erst recht, wenn du gewinnen würdest!
Mengoni: Nein! Ich darf nicht gewinnen! Italien steckt zu tief in der Krise. Da müsste uns schon Angela Merkel helfen (lacht).
Aber wie wäre es, wenn der ESC tatsächlich in Italien stattfinden würde?
Mengoni: Das wäre eine fantastische Sache. Wir haben so viele wunderschöne Städte. Wahrscheinlich würde der ESC in Turin stattfinden. Aber ich sehe ihn in Rom, im Hintergrund das Colosseum und alle Denkmäler.
Was würdest du denn am ESC ändern, wenn du könntest?
Mengoni: Dass Musiker live auf der Bühne spielen und es kein Instrumentalplayback gibt. So machen wir das ja auch in Sanremo. Es wird wirklich live gespielt mit einem großen Orchester. Vor allem in Osteuropa gibt es unglaubliche Orchester. Das wäre doch toll, die auf der Bühne zu sehen.
Du hast ja lange Zeit als Barkeeper gearbeitet. Welcher Cocktail ist der ESC?
Mengoni: Von der Leidenschaft, die die Menschen in ihn stecken, wäre es ein "Sex on the Beach". Süß, fruchtig und ein bisschen heiß. Denn die Leute flippen ja total aus. In diesen Tagen in Malmö habe ich wirklich verrückte Typen gesehen in unglaublichen Situationen. Beim ESC ist wirklich viel "Euphoria" zu spüren. Und für mich ist das ganz seltsam, weil wir das vom ESC in Italien nicht kennen. Aber ich finde es toll, diese Begeisterung zu sehen.
Aber jetzt mal ehrlich: Welche Platzierung würdest du gerne erreichen?
Mengoni: Meine Lieblingszahl ist die Drei. Sie zieht sich irgendwie durch mein ganzes Leben. Bei meinem ersten Mal in Sanremo habe ich den dritten Platz gemacht. Ich glaube an die Unteilbarkeit der Drei. Auf dem dritten Platz zu landen, wäre fantastisch. Aber vielleicht erwarte ich da auch zu viel.
Dann machen wir doch mit der Drei weiter. Dein aktuelles Album #protoaccorere widmest du deinen Followern auf Twitter. Beschreibe den ESC mit drei Hashtags!
Mengoni: #passion, #crazypeople, #unitedstatesofeurope
Wer wird am Samstag den ESC gewinnen?
Mengoni: Deutschland gewinnt! Ist doch klar.
Das sagst du doch jetzt, weil wir aus Deutschland kommen!
Mengoni: Nein, ihr seid doch die Einzigen, die den nächsten ESC organisieren können (lacht). Ich mag Cascada wirklich gerne und höre nur Gutes von ihr. Mir gefällt elektronische Musik. Da sind Deutschland, aber auch Frankreich ganz vorne dabei. Ich sage sicher: Cascada gewinnt. Wobei mir persönlich auch der griechische Beitrag sehr gut gefällt.
Das Interview führte Marie Marzahn.