Blanche: Belgische Unaufgeregtheit
Ein weißes, unbeschriebenes Blatt ist sie zwar nicht mehr, aber trotzdem findet die Sängerin Ellie Delvaux diese Beschreibung für ihren Karrierestart passend. Und tatsächlich dürfte sich die 17-Jährige erst am Anfang ihrer Laufbahn befinden. Es werden sicherlich noch einige Stationen und Ereignisse folgen, mit denen sich ihr Blatt füllen lässt. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum sich die Belgierin auf der Bühne Blanche (zu Deutsch: weiß) nennt. Es hat auch etwas mit der Liebe zur französischen Sprache zu tun. Der Name Ellie sei international, aber Blanche offensichtlich Französisch, sagt sie. Und außerdem heißt die junge Sängerin nun einmal so: Blanche steht als dritter Vorname in ihrem Pass.
Castingshow bringt der Sängerin Glück
Ellie Delvaux kommt 1999 in der belgischen Hauptstadt Brüssel zur Welt. Inspiriert durch ihren älteren Bruder, der Sänger ist, fängt die kleine Ellie schon früh an zu singen. Außerdem lernt sie Gitarre und Klavier spielen. Mit 16 Jahren versucht sie ihr Glück bei der Castingshow "The Voice Belgique" - zu dem Zeitpunkt nennt die Belgierin sich auf der Bühne noch Ellie Delvaux. Sie singt sich bis ins Halbfinale, dann ist Schluss. Und trotzdem bringt sie die Teilnahme an der Sendung in ihrer Musikkarriere einen entscheidenden Schritt weiter: Pierre Dumoulin, der Frontmann der belgischen Elektro-Band Roscoe, nimmt Kontakt zu der jungen Sängerin auf. Die beiden verstehen sich auf Anhieb und fangen an, zusammen Songs für Ellie zu schreiben.
Mit "City Lights" zum Song Contest
Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit präsentieren sie Dumoulins Plattenfirma. Und plötzlich geht alles ganz schnell: Die belgische Rundfunkanstalt RTBF wird auf die Nachwuchskünstlerin und einen ihrer Songs aufmerksam und entscheidet sich, die inzwischen 17-Jährige für Belgien zum ESC nach Kiew zu schicken. Von nun an nennt sich Ellie auf der Bühne Blanche und ist bereit dafür, ihr weißes Blatt mit vielen neuen Erlebnissen zu füllen. Eines dieser Erlebnisse ist ihr Auftritt beim Song Contest mit ihrem Titel "City Lights" - einem düsteren Elektro-Pop-Stück, das zwar modern und eingängig, aber dennoch unaufgeregt klingt. Auffallend an diesem Beitrag ist vor allem die tiefe Stimme der Belgierin und ihre fast gleichgültige Art zu singen, die aber dennoch nicht langweilt. Damit hebt sie sich von vielen anderen ESC-Songs deutlich ab, die mit viel Tragik und Pathos versehen sind.
Gesang ohne viel Tamtam
Was auf den Song selbst zutrifft, gilt auch für das offizielle Musikvideo von "City Lights". Darin ist die schlicht in Hemd und Hose gekleidete Sängerin alleine in einem Industriegebäude zu sehen. Nur ein weißer Lichtball schwirrt durch die Gegend, wenn sie Liedzeilen singt wie "All alone in the danger zone. Are you ready to take my hand?". Und so ist es dann auch bei ihrem Auftritt im ersten Halbfinale: kein aufwendiges Bühnen-Outfit, nicht viel Tamtam oder komplexe Tanzschritte, stattdessen ein durch und durch sehr reduzierter Beitrag.
Quoten gehen in die Höhe
Die Eurovisons-Gemeinde nimmt den Song begeistert auf. Nach Veröffentlichung des Titels steigen die Wettquoten zugunsten von Blanche rasant in die Höhe. Viele Fans - aus Belgien, aber auch aus anderen Teilnehmer-Ländern - sehen die ESC-Kandidatin in Kiew weit oben in der Rangliste. Einen zehnten Platz, wie ihn ihre Landsmännin Laura Tesoro beim Song Contest 2016 in Stockholm belegt, sollte in jedem Fall drin sein, so die mehrheitliche Meinung in den sozialen Netzwerken - wenn nicht sogar der Sieg. Und das, obwohl der von ihr und Pierre Dumoulin geschriebene Song eher ESC-untypisch ist. Weder dramatisch oder kämpferisch noch schnulzig oder romantisch - das Lied ist wie Blanches Stimme: unaufgeregt und trotzdem eingängig.