Udmurtische Öfen und irische Springbrunnen
Der zweite Probenlauf in der Crystal Hall von Baku wirkte fast ein wenig heimelig. Das lag vor allem an den eindeutigen Stars des Tages: den russischen Omis aus Buranowo. Kein anderer Act zog so viel Aufmerksamkeit auf sich wie die sechs Damen in Bastschuhen aus der Region Udmurtien. Mit auf der Bühne stand ein angeblich typisch udmurtischer Ofen, der qualmte und ganz klar die Botschaft unterstrich, dass hier auf der Bühne nicht irgendeine Party steigt, sondern ein gemütliches, fröhliches Familienfest. Dabei wirkten die sechs auf der Bühne so liebenswert unbeholfen, dass sich niemand in der Halle ihrem Charme entziehen konnte. Ob die Zuschauer und Jurys im Halbfinale die russischen Omis ebenfalls in ihre Herzen schließen werden, wird sich sich am 22. Mai herausstellen.
ESC-Luft atmen
Das Interesse an den Buranowski Babuschki konnte eigentlich nur ein anderer Sänger übertreffen - und der tritt gar nicht im Wettbewerb an: Eldar Quasimov, die männliche Hälfte des Siegerduos von 2011 und Moderator des diesjährigen Song Contest, lief im Roman-Lob-Look aus Holzfällerhemd und grauer Wollmütze durch die Arena. Er sei jetzt jeden Tag hier, erzählte er freudestrahlend. "Ich will so viel wie möglich von diesem Event einatmen."
Begonnen hatte der Tag mit einem Act, der ebenfalls viel Presse anzog: Israels Band Izabo machte vormittags um elf Uhr den Anfang - am zweiten Probentag sogar beinahe pünktlich. Dass sich der Ablauf dann doch wieder um eine gute Stunde nach hinten verschob, lag an einem Ton-Problem während des Testlaufs von San Marino.
Networking für den "Social Network Song"
Komponist Ralph Siegel, in diesem Jahr verantwortlich für San Marinos "Social Network Song", nutzte die unfreiwillige Pause für Networking mit der Presse. Als Valentina Monetta dann endlich ihre Probe fortsetzen konnte, zeigte sich, dass der Auftritt wohl alle Siegel-typischen Zutaten mitbringen wird: Glitzernde Kostüme, teilweise im Uniform-Style, dazu eine leicht übertriebene Choreographie und als Clou ein Cheerleader-Puschel für die Tänzerin.
Auch Lukas Plöchl und Manuel Hoffelner von den österreichischen Trackshittaz hatten ihren ersten Auftritt - mit im Gepäck eine neue Choreografie: Die aus dem österreichischen Vorentscheid bekannten Gogo-Tänzerinnen, deren Hintern mit Schwarzlicht in Szene gesetzt worden war, verzichten in Baku auf ihre im Dunkeln strahlenden Ganzkörper-Anzüge. Die Organisatoren hatten aus Sicherheitgründen abgelehnt, das Licht in der Halle für den Effekt abzuschalten. Stattdessen turnen die drei Tänzerinnen jetzt in sehr kurzen Moulin-Rouge-Kostümen an Stripperstangen herum. Aber die "Popos" der drei wackeln noch immer passend zum Song. Die Österreicher nehmen ihren Song ernst!
Same procedure as last year?
Den Abschluss des Tages boten die irischenZwillinge Jedward. Ihr Accessoire für die Bühne ist ein überdimensionierter Zimmerspringbrunnen, der zum Finale des Songs die beiden hüpfenden Brüder einrahmt. Außer einer neuen Farbe - passend zum Songtitel "Waterline" ein kräftiges Blau - ist in diesem Jahr eigentlich alles gleich geblieben. John und Edward haben noch immer sehr hohe Frisuren und tragen zu glitzernden Fracks und zu engen Hosen die farblich passenden Sneakers. Ein Erlebnis sind auch wieder die Pressekonferenzen mit den beiden irren Iren.
Auf der Bühne scheinen sie stimmlich ein wenig gereift. Ob das allerdings schon reicht, um das europäische Publikum ein zweites Mal zu begeistern, muss sich noch zeigen. Während dieser ersten Probe sprang der Funke jedenfalls nicht auf die wenigen Zuschauer über, die bis zum letzten Ton des Tages durchgehalten hatten. Neben Israel, San Marino, Russland, Österreich und Irland standen am zweiten Probentag auch Zypern, Dänemark, Ungarn und Moldau zum ersten Mal auf der Bühne der Crystal Hall. Am Dienstag geht es weiter mit den Kandidaten aus der ersten Hälfte des zweiten Semifinals.