Il Volo: "Wir warten auf die große Liebe"
Wenn die drei jungen Tenöre von Il Volo ihr "Grande Amore" singen, schmelzen die Herzen der Fans nur so dahin. Sympathisch und charmant stellen sie sich den Fragen von eurovision.de und erzählen von ihrer Karriereplanung und der Hoffnung auf die große Liebe.
Nach Jazz (Raphael Gualazzi), Soul (Nina Zilli) und Rock (Emma Marrone) kehrt Italien mit traditionellem Belcanto auf die ESC-Bühne zurück. Seht ihr euch in der Tradition großer Belcanto-Sänger wie Claudio Villa, der in der Vergangenheit mehrmals für Italien am Start war?
Gianluca Ginoble: Der Vergleich hinkt ein wenig, ich sehe uns eher in der Tradition eines Pavarotti oder Andrea Bocelli …
Ignazio Boschetto: … Nein, doch nicht Pavarotti und Bocelli! Unser Stil ist …
Gianluca: ... lässt du mich vielleicht mal ausreden? Wir sind im Jahr 2015. Claudio Villa und Massimo Ranieri entstammen einer anderen Zeit. Natürlich ist das, was wir tun, eine Weiterentwicklung ihrer Kunst. Auch wir singen die Erfolge von Claudio Villa - "Granada" oder "Un amore così grande" -, aber wir interpretieren sie auf moderne Art und Weise, schließlich sind wir Anfang 20. Ungefähr so, wie die Musik von One Direction als Weiterentwicklung der Beatles betrachtet werden kann. Wir verpassen dieser Musik eine Art Verjüngungskur.
Ihr habt euch 2009 in der Talentshow "Ti lascio una canzone" kennengelernt. Mittlerweile wirken Il Volo so wie ein einziger Künstler mit drei verschiedenen Gesichtern. Wie eng verbunden seid ihr tatsächlich?
Piero Barone: Wir sind sozusagen drei Seelen, die mit einer Stimme singen. Natürlich hat jeder seinen eigenen Charakter, aber am Ende versuchen wir doch gemeinsam die gleichen Emotionen zu vermitteln. Wir hoffen, dass uns das auch mit "Grande amore" gelingen wird, denn es ist ja nicht einfach nur ein Liebeslied, das von einer Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau erzählt. Es geht um die große Liebe, und die lässt sich überall finden - das kann zum Beispiel auch die Liebe einer Großmutter zu ihrem Enkel sein.
Wie viel Raum lässt euch Il Volo, um euch einzeln weiterzuentwickeln - musikalisch und persönlich?
Ignazio: Wir singen jetzt seit sechs Jahren zusammen. In dieser Zeit ist viel passiert, wir sind zusammen großgeworden, sowohl körperlich als auch musikalisch. In diesen sechs Jahren haben wir uns ständig weitergebildet, denn das war der wichtigste Rat, der uns von den großen Namen der italienischen Musik mitgegeben wurde. Die Zeit dafür nehmen wir uns einfach.
Gianluca: Und was das Persönliche angeht: Wir sind jung und haben nicht vor, so schnell zu heiraten und eine Familie zu gründen. Natürlich genießen wir unsere Jugend. Und wir lassen die Dinge auf uns zukommen. Jeder von uns wartet auf seine erste große Liebe.
Die Teilnahme am San-Remo-Festival gibt dem Sieger das Recht, am Eurovision Song Contest teilzunehmen. Gab es bei euch jemals Zweifel, dieses Recht in Anspruch zu nehmen?
Piero: Als wir das Angebot angenommen, an San Remo teilzunehmen, war das in erster Linie in der Hoffnung, mithilfe des ESC nach vierjähriger Pause wieder Fuß auf dem europäischen Markt zu fassen. Wir wollen den Wettbewerb natürlich gewinnen, aber wie auch immer es ausgeht: Wir möchten die Chance nutzen, vor 200 Millionen Menschen in Europa auftreten zu können und ihnen zu zeigen, dass wir erwachsen geworden sind.
Ihr seid erfolgreich in den USA, in Asien, in Australien … Wie schafft ihr es, diese unterschiedlichen Zielgruppen für die italienische Musik zu begeistern?
Ignazio: Indem wir uns stets treu bleiben, sowohl auf der Bühne als auch im normalen Leben. Wir versuchen nicht, uns nach den einzelnen Märkten auszurichten, sondern das zu tun, was uns Spaß macht und unsere Gefühle in und durch die Musik zu transportieren.
Gianluca: Man darf nicht vergessen, dass es das erste Mal ist, dass drei junge Männer unseres Alters diese Art von Musik machen - in der Vergangenheit waren es immer Erwachsene. Das hat offenbar all diejenigen begeistert, die heute unsere Fans sind. Und für den Eurovision Song Contest sind wir eine absolute Novität.
Sind die Europäer schwieriger zu begeistern, als beispielsweise die Asiaten?
Piero: Jedes Publikum ist eine Herausforderung, denn du kennst ihre Wünsche und Bedürfnisse nicht. Wir tasten uns jedes Mal aufs Neue vor um herauszufinden, was den Leuten gefällt, allerdings ohne uns zu verbiegen. Da heißt es immer abwägen und Entscheidungen treffen.
"Grande Amore" ist im Original fast vier Minuten lang. Für den ESC musste der Titel auf drei Minuten gekürzt werden. Wie schwierig ist es für euch, die gleichen Gefühle in kürzerer Zeit transportieren zu müssen?
Gianluca: Das hat vermutlich tatsächlich Auswirkungen, aber nicht unbedingt negative. Am Anfang war es ein wenig seltsam, aber der stärkste Part unseres Liedes ist der, wenn wir zu dritt singen, und es wurde nur in der Strophe gekürzt, um den Harmonien mehr Raum zu geben. Der Teil, in dem wir zusammen singen, ist unverändert geblieben …
Ignazio: … und so können wir auch in drei Minuten beweisen, was in uns steckt.