1 | 40 Aisel aus Aserbaidschan eröffnet den diesjährigen Probenreigen mit ihrem "X My Heart". Im weißen Bodysuit mit wallendem Überwurf steht die 28-Jährige auf einer stilisierten Eisscholle.
2 | 40 Dann tauchen die Lichter die Bühne in strahlendes Meerblau und Aisel stemmt sich todesmutig der tosenden See beziehungsweise der Windmaschine entgegen. Vier Tänzerinnen und Tänzer leisten ihr im Kampf mit den Naturgewalten Beistand.
3 | 40 "X My Heart" macht schon jetzt ordentlich Dampf. Und sicherlich wird bei Aisels Auftritt zu Beginn des ersten Halbfinales auch noch die Pyrotechnik ausgereizt werden.
4 | 40 Sichtlich überwältigt von der großen ESC-Bühne absolviert Ari Ólafsson die erste Einzelprobe für seine Gospel-Ballade "Our Choice" mit feuchten Augen. Der 19-Jährige trägt einen weißen Satinanzug mit dunkelroten geometrischen Applikationen, die an Schaltkreise erinnern. Ist der Isländer in Wirklichkeit ein Android?
5 | 40 Da liegt er, der Mikrofonständer, den Ari in einer unvermuteten Rocker-Geste auf den Boden schleudert. Angesichts der kirchlichen Anmutung des Songs symbolisiert die rot und gelb aufleuchtende Bühne wohl das drohende Fegefeuer für solche Ungezogenheiten.
6 | 40 Erwartungsgemäß rockig präsentiert sich Eugent Bushpepa aus Albanien mit reichlich tätowierten Musikern. Zwei brav in die Kamera winkende Choristinnen in schwarzen Mini-Kleidchen setzen einen eher befremdlichen Kontrast zu der kraftvollen Performance des 33-Jährigen, der sein Gesangstalent wie schon bei der Pre-Party in Amsterdam eindrucksvoll unter Beweis stellt.
7 | 40 Sein avantgardistisches Kostüm aus grobem, schwarzem Stoff wird durch zahllose Lederriemen und Nieten zusammengehalten. Das ist angesichts der umfangreichen Liste der Dinge, die nach Vorgabe der EBU nicht mit in den Saal genommen werden dürfen, durchaus riskant.
8 | 40 Die James-Bond-Atmosphäre ihres Titels "A Matter Of Time" versucht die 27-jährige Sennek aus Belgien mit einer Licht-Choreografie auf die Bühne in Lissabon zu zaubern: Zunächst sind nur ihre Augen ausgeleuchtet, dann öffnet sich der Lichtkegel auf das ganze Gesicht und den in ein schwarzes Tüllkleid gehüllten Körper.
9 | 40 Das sieht ein wenig nach einem sehr düsteren "Tatort" aus, zumal die Interpretin immer wieder Spannung darüber aufkommen lässt, ob sie die hohen Töne so liefert, wie es der Notentext vorsieht. Aber Belgien hat ja Erfahrung damit, die Fans bei den Proben aufzuschrecken und dann, wenn es darauf ankommt, seiner Favoritenrolle gerecht zu werden.
10 | 40 Mikolas Josef aus der Tschechischen Republik lässt auf der Bühne die Puppen tanzen: Auf hell erleuchteten Podesten zeigen er und seine beiden Tänzer coole Breakdance-Moves, und auch der 22-Jährige gibt auf der in leuchtenden Neonfarben gehaltenen Bühne alles.
11 | 40 Ein Chor ergänzt die von weiblichen Stimmen gesungen Passagen und auch die eine oder andere atemnotbedingte Pause aus dem Off. Mikolas macht sogar einen Salto, verletzt sich bei seinen Moves aber den Rücken und muss ins Krankenhaus.
12 | 40 Aber er steht wieder auf der Bühne: Auch wenn der Arzt zur Vorsicht mahnt, gibt Mikolas bei der zweiten Probe sein Bestes, wenn auch ohne Salti und komplizierte Tanzschritte. Die Streckung ist auf jeden Fall besser für den geplagten Rücken.
13 | 40 Ieva Zasimauskaitė aus Litauen verlässt sich auf die erprobte Vorentscheidungs-Performance und beginnt ihre anrührende Ballade "When We're Old" mit zerbrechlicher Stimme kauernd auf der fast völlig dunklen Bühne, vor der sie sich in einem blassrosa Kleid mit passendem Strickpullover wie eine Feengestalt abhebt.
14 | 40 Das Fernsehbild wird über ihrer Performance schwarz-weiße Animationen von glücklichen Familien, alternden Paaren und kleinen Kindern zeigen, an deren Timing allerdings noch dringend gearbeitet werden muss. Auf einer beleuchteten Brücke schließt Ieva ihren Titel auf Litauisch, bevor Ehemann Marius Kiltinavičius ihr auf halbem Weg entgegenkommt und ihr liebevoll die Hände drückt. Seufz!
15 | 40 An der hell erleuchteten Loopstation bastelt die stimmgewaltige 25-Jährige Netta in routinierter Hand- und Gackerarbeit die ersten Takte ihrer Performance. Dabei steht die Israelin im leuchtend-pinken Mini-Kimono mit Doppel-Dutt vor einer Hundertschaft japanischer Winkekatzen - einem aus Asia-Restaurants wohlbekannten Glücksbringer.
16 | 40 Die Favoritin zementiert mit ihrer Bühnenperformance die Sieghoffnungen der israelischen Fans. Mehr Manga-Ästhetik als bei "Toy" geht kaum, auch wenn die kantige Choreografie der drei gelenkigen Tänzerinnen auf der großen Bühne nicht ganz so effektvoll zur Geltung kommt wie im Video.
17 | 40 Pathos pur hält der Auftritt von Weißrussland für die Zuschauer bereit: Mit einer welken Rose in der Hand schmachtet Alekseev die ersten Takte seiner Liebesballade "Forever" in die Kamera, die das verblühte Gewächs mit einem Schwenk an eine rotgewandete Tänzerin weiterreicht.
18 | 40 Diese ergreift einen Bogen und schießt Alekseev die Rose durch die Hand, woraufhin sie nicht nur aufs Neue erblüht und computeranimierte Rosenblätter auf den Sänger herabregnen, sondern ihm ein ganzer Strauß Rosen aus dem Rücken wächst. Was bei den meisten Betrachtern für schallendes Gelächter sorgt, hinterlässt andere romantisch verzückt - so unterschiedlich können Ästhetiken sein.
19 | 40 Für stehende Ovationen sorgt der Auftritt von Elina Nechayeva im Pressezentrum, auch wenn sich gegenüber ihrer Performance in der nationalen estnischen Vorentscheidung nichts Wesentliches verändert hat. Im Zentrum ihres riesigen Projektionskleides strudelt die 26-Jährige mit glockenreiner Stimme durch kreisende Sternennebel und wabernde Farbwolken den höchsten Tönen entgegen.
20 | 40 Das alles wirkt so unangestrengt, wie man es beim ESC im Zusammenhang mit Opernstimmen bisher nicht erlebt hat. Nach dem weißrussischen Ringen um den rechten Ton eine echte Wohltat.
21 | 40 Equinox aus Bulgarien beschließen den Probentag mit ihrem Titel "Bones". Grünes Scheinwerferlicht taucht die Sänger auf einer Podestkonstruktion in mystische Friedhofsatmosphäre. Passend dazu die schwarzen Kostüme, vor allem das von Sängerin Zhana Bergendorff, die an eine Gestalt aus dem ägyptischen Totenbuch erinnert.
22 | 40 Nach anfänglichen Schwierigkeiten, die Stimmen der Künstler in Ein- und Wohlklang zu bringen, hält die komplexe Schnittdramaturgie des Auftritts den einen oder anderen hübschen Kameraeffekt bereit.
23 | 40 Die Gruppe Eye Cue eröffnet den zweiten Probentag mit ihrem Titel "Lost and Found". Nach anfänglichen Tonschwierigkeiten legen Bojan Trajkovski und Marija Ivanovska eine tadellose Abschlussprobe hin. Dabei setzt die Sängerin ganz auf Sexyness.
24 | 40 Ihr pinkes Satinkleid besticht nicht nur durch ein sündhaft tiefes Rückendekolletee, sondern auch durch gewagte frontale Perspektiven, die sich durch die hüftbetonte Choreografie immer wieder auftun. Dass der Song eigentlich in drei unterschiedliche Teile zerfällt, wird durch die lebendige Bühneninszenierung der Mazedonier geschickt aufgefangen.
25 | 40 Franka gibt sich im Vergleich zu Marija Ivanovska eher zugeknöpft, auch wenn ihr schwarzglitzerndes Tüllkleid den Begriff "blickdicht" an entscheidenden Stellen Lügen straft. Die geraffte Schleppe verleiht ihr das Aussehen einer Bienenkönigin in Trauer: Wurde ihr Volk von der auf Orkanstärke gestellten Windmaschine zerhäckselt?
26 | 40 Kreisende Kamerabewegungen verleihen dem statischen Auftritt die erforderliche Prise Dynamik, den Rest erledigt die hervorragende Soulstimme der Kroatin, die im Pressezentrum immer wieder Beifallsstürme auslöst. Der eher unelegante Abgang von der Bühne lässt dann ahnen, warum Franka ihre Tanzbewegungen eher sparsam dosiert.
27 | 40 Düster, geheimnisvoll, trendy - so gibt sich Cesár Sampson bei seinem ersten Probenauftritt. Auf einer Art Raumschiff gleitet der Österreicher durch die Weiten des Weltraums, während die Mannschaft des stimmgewaltigen Background-Chors auf der Brücke Position bezieht, um Captain Cesár bei seinem Landgang Beistand zu leisten.
28 | 40 Dynamisch hüpft er dafür von der Bühne und spaziert an den Kameras vorbei, wobei sich die grauen Baggy Pants des 34-Jährigen seinem federnden Schritt eher widerwillig beugen. Aber einen schönen Mann kann nichts entstellen, und stimmlich braucht man sich um den Finaleinzug von "Nobody But You" ohnehin keine Sorgen zu machen.
29 | 40 Eine mystische Inszenierung voller kultureller Anspielungen präsentiert Yianna Terzi für ihre Heimat Griechenland. In ihrem langen, weißen Kleid mit Flügelärmeln und der blau ausgeleuchteten Bühne spiegeln sich die griechischen Landesfarben. Die Windmaschine bläst eine kräftige Brise durch die wallende Mähne der 37-Jährigen, die in der ersten Probe noch ein wenig zerzaust wirkt.
30 | 40 Mit Bewegungen, die an archaische Gebetsrituale erinnern, unterstreicht sie die Botschaft von "Oniro mou", einer Liebeserklärung an ihre in jüngster Zeit arg gebeutelte griechische Heimat. Was Yianna mit ihrer blau angemalten linken Hand anstellt, erfahren wir erst in der zweiten Probe.
31 | 40 Mit einem fast schon ausgestorben geglaubten Inszenierungsaufwand bringt Saara Aalto ihren Dance-Feger "Monsters" auf die Bühne. Auf einem pyramidenartigen Aufbau thront die strassbesetzte finnische Königin der Nacht und dreht sich wie auf der Zielscheibe eines Messerwerfers festgeschnallt singend um sich selbst.
32 | 40 Grau uniformierte Tänzerinnen und Tänzer befreien die 30-Jährige von dem Folterwerkzeug und räkeln sich lasziv um sie herum, rufen bei den Journalisten im Pressezentrum allerdings unschöne Nazi-Assoziationen wach. Am Ende regnet es Feuer vom Himmel. Was sich die Finnen dabei wohl gedacht haben?
33 | 40 Sevak Khanagyan bringt mit seiner Power-Ballade "Qami" ("Wind") wieder ein wenig Ruhe auf die Bühne zurück. Der steingraue, asymmetrische Gehrock im Cringe-Look lässt den hünenhaften Sänger wie einen Fels wirken, der sich vom Tosen der Windmaschine nicht aus der Ruhe bringen lässt.
34 | 40 Stoisch verharrt Armeniens Teilnehmer in einem Ring schwarzer Monolithen und wird dabei als einzig dynamisches Element beständig von der Kamera umkreist. Ein hervorragender aber unsichtbarer Chor trägt den stimmgewaltigen Künstler durch drei ansonsten recht lange Minuten.
35 | 40 Das Drumkit gibt bei "Stones" den Ton an: Während Stefan "Stee" Gfeller für die treibenden Beats sorgt, rockt Schwester Corinne das Mikrofon und sucht den Kontakt mit dem (noch) imaginären Publikum im Saal.
36 | 40 Im Tribal-Look mit rotem Hut und allerlei Gebänzel an Stativ, Handgelenk und Gürtel macht sie ordentlich Stimmung und schenkt dem Song durch ihre kraftvolle Performance eine Internationalität, die schweizerische Beiträge in der Vergangenheit eher vermissen ließen. Bengalische Lichter kreieren Stadionatmosphäre. Finale, wir kommen!
37 | 40 Seine Ballade "Together" über eine gescheiterte Liebesbeziehung trägt Ryan O'Shaughnessy in der klassischen Pose des Singer-Songwriters an der Gitarre vor, am Klavier begleitet von einer jungen Dame, die auch die zweite Stimme singt. Die in blaue Dämmerstimmung getauchte Bühne wird durch eine Laterne erleuchtet.
38 | 40 Die zwei Tänzer Kevin O'Dwyer und Alan McGrath kreisen turtelnd um eine Art Raststätten-Picknicktisch und dürften - wie schon der Videoclip - in Teilen Europas selbsternannte Sittenwächter auf den Plan rufen. Der Kunstschnee am Ende ist ein schönes Bild für die Vergänglichkeit der Liebe.
39 | 40 Eleni Foureira beschließt mit der Latino-Nummer "Fuego" den zweiten Probentag des ersten Halbfinales. Aus einem Lasertunnel schreitet die zyprische Interpretin mit schwingenden Hüften einer temporeichen Performance entgegen.
40 | 40 Vier Tänzerinnen unterstützen die 31-Jährige in ihrem schillernden Glitzer-Catsuit nicht nur stimmlich, sondern auch bei zahlreichen geschmeidigen Twerking-Einlagen. Hüftnahe Flammeneinblendungen verleihen dem Spruch "Die Frau hat Feuer im Hintern" eine ganz neue Dimension.