Stand: 17.03.2015 10:55 Uhr

Armenisches Gedenken

Kaum sind die Feiern des 100-jährigen Gedenkens an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs abgeschlossen, jährt sich auch schon der nächste Gräuel - der Völkermord an den Armeniern. Die Teilnahme des Kaukasuslandes in Wien steht ganz im Zeichen der Erinnerung an die Hunderttausende, die bei Pogromen und Todesmärschen zwischen 1915 und 1916 ums Leben kamen oder vor der Verfolgung in die Fremde fliehen mussten.

VIDEO: Genealogy: "Face The Shadow" (3 Min)

Inga und Anush für Armenien im Finale des ESC 2009 © eurovision.tv
Zu Genealogy gehört auch Inga Arshakyan, die bereits 2009 zusammen mit ihrer Schwester Anush beim ESC startete.

Um das Gedenken an die Ermordeten auch musikalisch zu transportieren, wird aus fünf Künstlern der armenischen Diaspora - einem aus jedem Erdteil - und einem Künstler aus Armenien die Gruppe Genealogy zusammengestellt. Der armenisch-französische Sänger Essaï Altounian ist als Repräsentant des Kontinents Europa dabei. Aus Amerika kommt die in den USA aufgewachsene Sängerin und Songschreiberin Tamar Kaprelian und der armenisch-äthiopische Musiker Vahe Tilbian ist aus Afrika dabei. Für Asien steht die japanisch-armenische Sängerin Stephanie Topalian und für Australien Mary-Jean O’Doherty, Tochter einer griechisch-armenischen Mutter und eines australischen Vaters. Komplettiert wird das Sextett von einer Musikerin mit ESC-Erfahrung: Inga Arshakyan. Die Armenierin ist eine in ihrer Heimat sehr bekannte Sängerin, die die musikalische Tradition ihres Landes hochhält. 2009 startete sie beim Song Contest in Moskau zusammen mit ihrer Schwester Anush Arshakyan im Duett. Symbolisch stehen die 5 + 1 Musiker des diesjährigen ESC-Beitrags für die Blütenblätter und Stempel der "Forget-me-not-flower" (Vergissmeinnicht), dem Emblem der Gedenkfeierlichkeiten.

Politische Brisanz

Der Auftritt von Genealogy ist von höchster politischer Brisanz, insbesondere weil der Völkermord nicht von allen Ländern als solcher anerkannt wird.

Nicht umsonst hieß der Beitrag für Wien zunächst "Don’t Deny" (Leugne nicht), um in Europa auf breiter Ebene ein Bewusstsein für die historischen Ereignisse zu schaffen.

Natürlich verspricht sich das armenische Fernsehen auch eine massive Unterstützung durch die armenischen Minderheiten im europäischen Ausland. Ob die Türkei, die von der musikalischen Anklage in erster Linie betroffen ist, den ESC 2015 überhaupt ausstrahlen wird, erscheint nun fraglich. Und ob die Reference Group dem politisch motivierten Beitrag am Ende nicht doch noch einen Strich durch die Rechnung macht, bleibt ebenfalls abzuwarten: Laut ESC-Reglement sind politische Stellungnahmen in den Wettbewerbsbeiträgen nicht zugelassen - was in der Geschichte des Song Contests allerdings schon mehrfach umgangen wurde.

Und tatsächlich bleibt es nicht bei dem Titel. Am 17. März 2015 wird bekannt, dass der Songtitel auf Wunsch des zuständigen armenischen Senders AMPTV in "Face The Shadow" geändert wird, weil es nicht um politische Absichten ginge, sondern darum, "das Konzept von Frieden, Liebe und Gemeinschaft in einem Song zu stärken", so Gohar Gasparyan von AMPTV.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 23.05.2015 | 21:00 Uhr

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