Die zwei Gesichter Belgrads
Antje und Felix haben auf ihrem "Roadtrip nach Baku" ihren ersten Meilenstein erreicht. Irgendwo zwischen Szegedin in Ungarn und der serbischen Hauptstadt Belgrad überschritten sie in ihrem Audi die 2.000-Kilometer-Marke. Warum die Euphorie dann der Sorge um das eigene Wohlergehen wich, erzählt Felix in seinem Bericht aus Belgrad.
Serbien war während unserer Planungszeit das wohl größte Sorgenkind. Vielfach wurden wir vor Straßenräubern, Trickbetrügern und korrupten Polizisten gewarnt. Dazu kamen die umfassenden Zollbestimmungen an der Grenze und die polizeiliche Meldepflicht für Ausländer - Serbien gehört schließlich noch nicht zum Schengenraum in der Europäischen Union. Auch wenn wir uns so gut wie möglich auf den Aufenthalt vorbereitet hatten, war uns etwas flau im Magen, als wir langsam auf die Grenze zwischen Ungarn und Serbien zurollten.
Karte: Alle Stationen von Düsseldorf bis Baku
Wir hatten uns gedanklich auf alle Fragen vorbereitet und wussten, welche Dinge wir womöglich beim Zoll deklarieren müssten, aber letztendlich war die ganze Aufregung umsonst: Der Grenzbeamte erkundigte sich nach unseren Reiseplänen und als er erfuhr, dass wir auf dem Weg nach Aserbaidschan sind, hat er uns einfach durchgewunken. Da waren wir also in Serbien, ohne Kontrolle des Kofferraums oder des sonstigen Gepäcks.
Rauer Empfang
Nach dem Grenzübertritt wurden die Straßen etwas holpriger und als wir schließlich Belgrad erreichten, war unsere gute Laune nach der reibungslosen Einreise leider komplett verflogen. Unsere einhellige Meinung war nach einer halbstündigen Odyssee durch das undurchsichtige Straßennetz im Zentrum: Belgrad ist laut, es stinkt und keiner hält sich an die Verkehrsregeln. Als wir in der Innenstadt endlich zu unserem Hostel gelangten, wurde es nicht besser: Alle Türen standen offen, es roch nach Chlor und das Licht schien auch kaputt zu sein. Hier wollten wir keine Minute länger bleiben.
Ein Hostel als Oase
Also ab ins Auto und Plan B verfolgen: Das zweite Adresse versprach durch den Namen "Sun Hostel" schon mehr und wir wurden nicht enttäuscht: Aus den Fenstern drang laute Reggae-Musik, die Möbel waren bunt zusammengewürfelt und man freute sich, dass wir spontan einchecken wollten. In einem wunderschönen Garten konnten wir die Seele baumeln lassen und auch die Zimmer im ersten Stock konnten sich sehen lassen. Es dauerte deshalb nicht lange, dass wir nach ein paar kühlen serbischen Bieren und von dem warmen Wetter und der Anreise ausgelaugt ermattet ins Bett fielen.
Schöne Aussichten
Am nächsten Tag ging es nach einem kleinen Frühstück und frisch ausgeruht los in Richtung Innenstadt. Vorbei an der riesigen serbisch-orthodoxen Kirche "Heiliger Sava", die von innen leider noch eine Baustelle ist. Durch die Fußgängerzone ging es schließlich zu der alten Festungsanlage Kalemegdan, welche oberhalb des Zusammenflusses von Donau und Sava thront. Die Idylle des riesigen Geländes mit Blick auf das Panorama der Stadt steht im Kontrast zu zahllosen heruntergekommenen Wohnblöcken, deren Fassaden mit Klimaanlagen bespickt sind und deren Putz abbröckelt. Belgrad hat definitiv zwei Gesichter.
Nach einer kurzen Verschnaufpause im Hostel wollten wir am Abend die Lesertipps von Simon Wennige und Stefan Bürgermayer testen, die uns über die Facebook-Seite von eurovision.de geschrieben hatten. Wie von Simon vorgeschlagen, gingen wir zum Imbiss "Loki", wo wir uns zwei Pljeskavica gönnten, die uns Stefan ans Herz gelegt hatte. Das Gericht kann man am ehesten als "Hamburger in Dönertasche" beschreiben und machte pappsatt.
Fazit mit Absacker
Anschließend ging es zum "Black Turtle Pub", wo es neben ein paar serbischen Bieren auch noch einen Rakije gab. Dieser Obstler bestätigte uns, dass wir zwar kulinarisch zu allem bereit sind, aber ein Versuch im Namen der Völkerverständigung meistens ausreicht. Auf dem Nachhauseweg stoppten wir im für Touristen herausgeputzten "Quartier Boheme", bis wir durch diskretes Abräumen der Nebentische den Eindruck bekamen, dass es an der Zeit sei, ins Bett zu gehen. Unser Fazit zum Feierabend: Auch wenn sich unser Eindruck von Belgrad im Laufe der zwei Tage sehr verbessert hat und wir versöhnt sind mit dieser hektischen Stadt, hoffen wir doch, dass Sofija uns anders empfängt.