Die freundlichen Menschen von Istanbul
Eintauchen in eine fremde Kultur, die großartige Architektur erkunden, das vibrierende Nachtleben genießen - Antje und Felix hatten sich für Istanbul viel vorgenommen. Und als Bonbon sollten die beiden per Kurier ihre Reisepässe erhalten. Ob alles reibungslos geklappt hat, verrät uns Felix.
Istanbul in 48 Stunden erkunden - das war unser Plan. Am ersten Abend ankommen und vielleicht das Nachtleben genießen, am nächsten Tag unsere Pässe von FedEx abholen und dann direkt in die Altstadt und die schönsten Seiten Istanbuls entdecken. Am dritten Tag dann alles nachholen, was nicht mehr unterzubringen war und dann weiter nach Düzce. Wir wussten allerdings nicht, auf was wir uns da eingelassen hatten.
Karte: Alle Stationen von Düsseldorf bis Baku
Istanbul begrüßte uns mit einem grauenvollen Verkehrschaos. Auf drei Fahrspuren fuhren fünf Wagen nebeneinander und wechselten nach Belieben die "Spuren". Ich war so sehr damit beschäftigt, dem Chaos die Stirn zu bieten, dass ich vom geplanten Weg abkam. Wir stellten den Wagen kurzerhand in einer Seitenstraße ab und informierten unseren Gastgeber Bahre über unseren Standort. Wir hofften, dass er uns irgendwie abholen würde. Wenig später bekamen wir eine SMS, dass wir in der Nähe unseres Parkplatzes zu einer Metro-Station kommen sollten, er würde dort bereits warten. Da wir uns natürlich gar nicht orientieren konnten, fragte Antje ein paar Jugendliche, in der Hoffnung, dass sie Englisch sprechen. Mit Händen und Füßen wiesen sie uns an, die Straße einfach runter zu gehen. Keine fünf Meter weiter wurden wir von zwei älteren Herren angesprochen, die unsere missliche Lage wohl mitbekommen hatten. Sie boten an, uns zur Metro zu begleiten. Inzwischen waren wir schon über zwei Stunden zu spät, doch Bahre ließ sich keine Verärgerung anmerken, schließlich sei es in Istanbul schier unmöglich, pünktlich zu sein.
Erasmus-Studenten für eine Nacht
Von dem ganzen Stress entkräftet, zwängten wir uns in den Audi und Bahre navigierte mich durch das nächtliche Istanbul. Wir waren scheinbar nur wenige Querstraßen von seiner Wohnung gestrandet. Bereits auf dem Weg wurden wir über die Pläne für den Abend informiert: Auf dem Campus der Istanbuler Universitäten wird gerade die ganze Woche gefeiert. Ein Programmmix aus Jahrmarkt, Festival und Rockkonzert war für alle Studenten auf die Beine gestellt worden. Dort angekommen überzeugte Bahre die Sicherheitsleute am Eingang davon, dass wir Erasmus-Studenten seien, sodass uns der Zutritt gewährt wurde. Nach einem Dürüm Döner und dem mitreißenden Auftritt des türkischen Popstars Mustafa Ceceli, waren wir allerdings froh, dass wir uns von Bahre und seinen Freunden absetzen und uns in seiner Wohnung ablegen durften. Wir hatten schließlich für den nächsten Tag große Pläne.
Wo geht es bitte zu unseren Pässen?
Statt Sightseeing wartete allerdings erst einmal ein Pflichttermin: Unsere Pässe waren in der vergangenen Woche bei einem Freund in Deutschland eingetroffen und er hatte sie auf den Weg nach Istanbul gebracht. Mit der Adresse einer Logistikzentrale von FedEx machten wir uns auf den Weg. Im Vorfeld hatten wir die Adresse im Internet recherchiert und waren uns sicher, das Thema innerhalb einer Stunde zu beenden. Wir wollten uns nicht noch einmal von Istanbul in die Knie zwingen lassen. Von einer Metrobus-Station marschierten wir los, bis uns erste Zweifel kamen: Die Gegend sah nicht so aus, wie sie aussehen sollte. Wir fragten ein paar Jugendliche, welche uns zu verstehen gaben, dass wir im falschen Stadtteil seien. Also drehten wir um und eine knappe Stunde später ging in einer anderen Ecke von Istanbul das Spiel von vorne los. Orientierungslos baten wir erneut ein paar Jugendliche um Hilfe. Kaum hatten sie sich die Adresse angesehen, gesellten sich wieder ein paar ältere Herren zu uns, auch sie wollten uns mit ihrem Wissen weiterhelfen. Einer zeigte uns seine Polizeimarke und wies uns an, ihm zu folgen. Wir fühlten uns dem Ziel sehr nah, doch wenige Meter weiter zeigte er nur auf die an einer Ecke wartenden Minibusse.
Die sogenannten "Dolmuş" waren mir bereits vom Vortag als äußerst unangenehme Verkehrsteilnehmer in Erinnerung geblieben. Hupend und drängelnd bahnen sich diese Sammeltaxis ihren Weg durch Istanbul und bringen die Menschen zu einem günstigen Fahrpreis von A nach B. Während wir noch darüber rätselten, welchen der Busse wir nun nehmen müssten, schaute ein Herr neugierig auf unsere Zettel und wies uns an, einen der Busse zu besteigen. Wir wussten nicht, wann wir auszusteigen oder wie viel wir zu bezahlen hatten. Als sich nach einigen Stopps ein paar Plätze leerten, nahmen wir Platz und reichten dem Fahrer die Adresse. Er nickte und wollte auch kein Fahrtgeld annehmen. Entspannt lehnten wir uns zurück. Eine halbe Stunde später stiegen wir mit den letzten Fahrgästen aus. Und siehe da, wir brauchten nur noch geradeaus zu gehen und waren am Ziel.
Der beste Dolmuş-Fahrer der Welt
Endlich angekommen, fragten wir nach unserem Päckchen, was jedoch fälschlicherweise auf eines der Zustellungsfahrzeuge geladen worden war. Man schickte jedoch sofort einen weiteren Kurier los, um es zurückzuholen, damit wir nur 20 Minuten statt zwei Stunden warten müssten. Bis dahin konnten wir auf einem Sofa im Pausenraum einen Tee genießen. Als wir die Pässe endlich in unseren Händen halten konnten, war die Freude groß und die Erleichterung riesig. Unsere Odyssee hatte ein Ende. Kaum hatten wir das Gelände verlassen, hielt ein Minibus neben uns und ein bekanntes Gesicht lächelte uns an. Der Fahrer, der uns hergebracht hatte, war mit seiner Runde fertig und wieder auf dem Rückweg. Noch einmal setzten wir uns in sein Dolmuş, noch einmal lehnte er unser Geld ab, noch einmal brachte er uns sicher ans Ziel.
Abendessen an der Blauen Moschee
Mit der Tram ging es anschließend in die Altstadt. Da es aber schon dämmerte, waren unsere Pläne für den Tag hinfällig geworden. Es reichte noch für ein Abendessen im Schatten der Blauen Moschee und einem ziellosen Spaziergang durch die Gassen der Altstadt, ehe wir uns auf den Heimweg machten. Istanbul hatte uns zum zweiten Mal geschafft. Blieb nur noch der letzte Tag, um die Sehenswürdigkeiten der türkischen Metropole kennenzulernen. Noch einmal begaben wir uns in die Altstadt, besichtigten die Blaue Moschee und den Großen Basar, warfen einen Blick auf den Bosporus und sind jetzt doch etwas erleichtert, dass wir das turbulente Istanbul hinter uns lassen können. In Düzce mit seinen knapp 186.000 Einwohnern wird es sicherlich ruhiger zugehen - und ein bisschen Langeweile ist genau das, was wir jetzt brauchen.