Dänemark: Volksmusik und Festivals
Der Eurovision Song Contest 2014 findet in Dänemark statt. Grund genug, die musikalischen Gegebenheiten des skandinavischen Landes genauer unter die Lupe zu nehmen.
Kaum ein anderes Land in Europa kümmert sich so vorbildlich um die Pflege seines Musiklebens wie Dänemark. Das war nicht immer so, sondern ist das Ergebnis einer nationalen Debatte um das gesellschaftliche und kulturelle Selbstverständnis, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts engagiert geführt wird. 1976 verabschiedete das dänische Parlament das erste Musikgesetz der Welt, das auch öffentliche Zuwendungen für Spielstätten aktueller Musik vorsieht. Entsprechend verfügen unsere nördlichen Nachbarn über eine bunte und vielfältige Festivalszene, die Jahr für Jahr Hunderttausende Besucher anzieht.
Unbekannte Ursprünge
Dabei liegen die Ursprünge der dänischen Musik weitgehend im Dunkeln. In bronzezeitlichen Gräbern wurden trompetenähnliche Blasinstrumente - so genannte Luren - gefunden, über deren musikalische Nutzung allerdings nichts überliefert ist. Aus der Wikingerzeit blieben nur wenige Lieder bruchstückhaft in einigen Kirchengesängen erhalten. Zwar wurden die Texte der skandinavischen Barden, der Skalden, auch gesungen, doch die erste schriftliche Überlieferung einer dänischen Melodie datiert erst aus dem Jahr 1300. Zu diesem Zeitpunkt waren die Wikingergebiete rund um die Halbinsel Jütland bereits von Waldemar I. im Königreich Dänemark vereint worden.
Musikalische Entwicklung bei Hofe
Nachdem Dänemark, Norwegen und Schweden sich unter dänischer Führung im Jahr 1397 in der so genannten Kalmarer Union zusammengeschlossen hatten, erblühte in Kopenhagen das höfische und damit auch musikalische Leben. Vor allem Komponisten aus Norddeutschland machten sich um die Entstehung der dänischen klassischen Musik verdient. Durch das Ausscheren Schwedens aus dem Bündnis im Jahr 1523 und verlustreiche Kriege um die Vorherrschaft im Ostseeraum, büßte Dänemark im 17. und 18. Jahrhundert seine Stellung als Großmacht ein. In der Romantik entstand ein neues dänisches Nationalbewusstsein, dem Niels W. Gade als einer der führenden Komponisten seiner Zeit ein musikalisches Gesicht gab.
Reigentänze und Spillemandsmusik
Dabei griff er in vielen Fällen auf Elemente der dänischen Volksmusik zurück, die sich in ihrer ursprünglichen Form vor allem auf den Färøer-Inseln erhalten hat. Dort wird beispielsweise der archaische Kettentanz gepflegt, ein von rhythmischem Stampfen begleiteter Reigentanz. Besonders charakteristisch ist allerdings die Spillemandsmusik, die Musik der dänischen Stadtmusikanten. Sie spielten meist mit der Geige auf Feiern und Volksfesten auf und besaßen auf ihre fröhliche, fast ausschließlich in Dur gehaltene Tanzmusik eine Art Monopol. Eine 1901 gegründete Gesellschaft kümmert sich um den Erhalt dieser Tradition, die sich bis heute gegen die Unterhaltungsmusik aus Übersee behauptet.
Moderne Entwicklungen
Im 20. Jahrhundert wurde Kopenhagen zu einer führenden Metropole des europäischen Jazz, was sich bis heute auf die einheimische Musikszene auswirkt. Und auch der deutsche Schlager hinterließ nachhaltige Spuren. Die vielen widersprüchlichen Einflüsse auf das kulturelle Leben in Dänemark befeuerten eine anhaltende Wertediskussion. In musikalischer Hinsicht setzt man seit den 1970er Jahren auf das Prinzip der Vielfalt: So lebt das international bekannte Festival in Roskilde nicht zuletzt von seiner bunten Mischung aus Rock, Metal und Folk. Seit den 1990er Jahren ist der (englischsprachige) dänische Mainstream – vor allem im Bereich Elektropop - auch aus den internationalen Hitparaden nicht mehr wegzudenken.