Belgrad - Stadt im Aufbruch
Serbiens Hauptstadt ist nicht gerade das, was man eine klassische Schönheit nennen würde. Fast vierzig Mal wurde die "Weiße Stadt" (Beo = Weiß, Grad = Stadt) im Laufe ihrer 7.000-jährigen Geschichte verwüstet. Nur wenige Baudenkmäler aus den letzten Jahrhunderten sind daher erhalten. Und auch die Nato-Bombardierungen von 1999 hinterließen sichtbare Spuren im Stadtbild.
Dennoch gilt Belgrad mittlerweile als eine der interessantesten Städte Südosteuropas, als brodelnde Kreativküche der Balkanregion. Die tief greifenden Umwälzungen der letzten Jahre - Kriegsende und Sieg der Demokratie, aber auch anhaltende soziale und wirtschaftliche Krisen - all das erzeugte eine ganz eigene Atmosphäre des Aufbruchs und der unbändigen Lebenslust, die in Belgrad in allen Winkeln zu spüren ist.
Partyzone an den Flussufern
Geradezu exzessiv bricht sich dieser Erlebnishunger auf den Partyschiffen an den Ufern der Flüsse Donau und Save Bahn. Auf grell beleuchteten, umgebauten Lastkähnen feiert Belgrads Jugend zu Technoklängen und Turbo-Folk bis in den Morgen hinein - zu vorgerückter Stunde tanzt das Publikum gern auch auf den Tischen. Fast zahm und leise wirken da die benachbarten Restaurant-Boote, die üppige Grillgerichte und scharfe Fischsuppen servieren.
Mediterrane Gelassenheit verbreitet sich bei schönem Wetter auf der Knez Mihajlova, der beliebtesten Flaniermeile der Stadt. Schicke Boutiquen reihen sich hier an kleine Buchläden, Souvenirshops, Kunstgalerien und prächtige Jugendstilhäuser. Zahlreiche Straßencafés laden zu einem Espresso und zum süßen Nichtstun ein.
Romantische Ruine über der Stadt
Nur einen Katzensprung von der Einkaufszone entfernt liegt der Kalemegdan-Park. Hier befinden sich auf einem Hügel, hoch über der Mündung der Save in die Donau, die Reste der alten Festung. In der Dämmerung ziehen die alten Mauerreste die Liebespaare der Stadt an.
Von dort oben schweift der Blick weit über die Stadt und die Flüsse, in denen sich die Farben des Sonnenuntergangs spiegeln. Schon die Türken, die Belgrad im 16. Jahrhundert eroberten, nannten den Ort wegen seiner atemberaubenden Aussicht den "Hügel des Nachdenkens".
Cevapcici und dröhnende Folklore-Musik
Weniger beschaulich, dafür quirlig und bunt präsentiert sich das alte Bohème-Viertel Skadarlija, in dessen Kneipen schon Generationen junger Intellektueller die Nächte hindurch diskutierten und manch ein berühmter Sänger seine Karriere begann. In den Sommermonaten unterhalten Straßenmusiker und Artisten die Spaziergänger, die an den niedrigen alten Häusern vorbei über das abschüssige Kopfsteinpflaster flanieren. Überall riecht es nach Ćevapcići und anderen gegrillten Köstlichkeiten, und aus den Restaurants dringen die Klänge der Folklorekapellen auf die Straße. Drinnen ist die Musik oft so laut, dass keine Unterhaltung mehr möglich ist. Ohne Musik geht in Belgrad eben fast nichts.