Verhaltene Zustimmung, wenig Schmäh
Gemessen an früheren Jahren fallen die Reaktionen der ESC-Fans auf die Bekanntgabe der Vorentscheidskandidaten vor allem sachlich aus. Man informiert, wägt und wartet ab auf Näheres. Das heißt auf die Lieder, die noch nicht bekannt sind, vor allem aber auf die Kraft der Performances, mit der diese vorgetragen werden.
In gewisser Hinsicht gibt es viele enttäuschte Stimmen, aber es finden sich kaum mehr ätzende Kritiken, also Bekundungen von Superhysterikern. Einige Beispiele habe ich exemplarisch auf Facebook gefunden.
Nicol Wolf meckert dort: "Das sind also die 7 ‚Großen‘des deutschen Musikbusiness... Da hätte man auch Bahar oder Daniel Schuhmacher direkt zum Vorentscheid einladen können."
Erstmal abwarten, bitte!
Momente von Enttäuschung gibt es offenbar immer, aber das ist ja auch gut so, dass wir von ihnen erfahren, denn zu einer Diskussion gehören ja alle Aspekte, im Guten, wie im weniger Guten.
Michael Rauer trifft für meinen Geschmack jedoch am sichersten die Lage vor der Veröffentlichung der Lieder: "Andreas Kümmert ist der Hammer der hat ne Stimme das ist der Wahnsinn zu Recht hat er vor 2 Jahren die Staffel von The Voice of Germany gewonnen und das mit sehr großen Abstand! Wenn der song richtig gut ist dann muss er es einfach schaffen.“
Denn Andreas Kümmert ist nun einer, der so gar nicht aussieht, wie gewöhnliche Castingshowstars - klein, eher rund denn schlank, bärtig: Das ist eigentlich ein Look, der im modernen Showbusiness gar nicht geht. Aber er hat das Castingformat haushoch gewonnen - und das spricht, beinahe unabhängig vom Liedmaterial, für eine starke persönliche Ausstrahlung auf der Bühne.
Roman Falkenberg beruhigt die anderen im eurovision.de-Forum: "Wartet doch erst mal die Songs ab...das hier ist ein SONG Contest. Frage mich echt, warum diese Seite so viele Leute geliked haben, denen der Contest im Grunde am Allerwertesten vorbei geht. Jetzt noch am Rumheulen, dass nur Schund am Start ist und hinterher am lautesten am Jubeln, wenn doch eine gute Platzierung am Ende bei rum kommt. Jedes Jahr aufs Neue der selbe Käse.“
Das mit dem Käse bezieht sich auf das traditionelle Genöle von vielen - und damit hat er recht: Warten wir doch mal ab, was daraus wird.
Und wenn man denkt, dass die Kaffeesatzleserei als unsicheres Prognoseinstrument zu gelten hat und dass das alle wissen, schreibt Robert Mi auf Facebook dennoch: "Das wird wieder ein Flop in Wien und ein sicherer Platz im Keller.“
Er weiß gar nichts, er kennt kein Lied - und wenn ich das richtig erinnere, sprach man Anfang 2010 auch über Lena Meyer-Landrut so: Das wird mit ihr gar nix in Oslo.
Und was gilt nun?
Meinem Blick nach ist das ein gutes Feld, das da jetzt für Hannover ausgelobt wurde. In der Tat ist niemand dabei, dem man starke Berühmtheit attestieren muss: Die Musikfirmen haben offenbar, vielleicht nach der Erfahrung mit Unheilig im vergangenen Jahr - nur die bislang nicht so berühmt gewordenen, aber vielversprechenden Acts dem Vorentscheidung überantworten wollen. Für Promis, das ist das alte Gesetz, ist ein ESC auch ein Risiko. Für einen Vorentscheid gilt das erst recht. Wer - etwa Helene Fischer - will schon mit dem Makel herumlaufen, gegen Newcomer nicht gewonnen zu haben?
Vorläufig gefallen mir Andreas Kümmert, Alexa Feser und Mrs. Greenbird am besten - und kenne ebenfalls ihre möglichen Lieder nicht. Aber von ihnen weiß ich, dass sie über eine gewisse Fanbase verfügen und live nicht einknicken: Die Bühne macht ihnen offenbar keine Angst. Das ist wichtig insofern, als es eben doch ein Wettbewerb ist, den man gewinnen möchte, aber von dem man weiß, dass die Wahrscheinlichkeit, es nicht zu schaffen, doch größer als alles ist.
Insofern: Die Vorbereitungen für Hannover bleiben spannend, natürlich. Ich bin zufrieden mit dem Tableau. Und der achte Act kommt ja noch. Wer schafft es, in die Fußstapfen von Elaiza zu treten?