Halbfinal-Aufteilung gut ausbalanciert
Bis zur allerletzten Minuten waren die EBU-Verantwortlichen bemüht, dass jene Länder, die alle Fristen haben verstreichen lassen, doch noch zu bewegen sein könnten ... Waren sie aber nicht! Die Ukraine, politisch seit den Maidan-Aufständen auf dem Wege nach Europa mehr denn je, wird uns fehlen - und auch wieder die Türkei, die aber immerhin für 2016 erwägt, wieder in die Eurovisionsfamilie zurückzukommen. Die sechs fest gesetzten Finalisten wissen nun auch mehr: Österreich wird im ersten Semifinale mitstimmen, ebenso Spanien und Frankreich. Großbritannien, Italien und Deutschland müssen bei der zweiten Vorrunde ihr Stimmengewicht in die Waagschale werfen. Die ARD hat sich das zweite Semifinale gewünscht und wie immer bei solchen stark vorgetragenen Anregungen auch eben dieses als Teil der Big-Five-Länderschar erhalten.
Die Startreihenfolge wird erst später bestimmt
Die Aufteilung der Länder aus der klassischen ESC-Gemeinde - das sind alle, die bis einschließlich 1993 teilgenommen haben, die anderen kamen später im Zuge der Osterweiterung - ist hübsch balanciert: 11:5 in der ersten Vorrunde zugunsten der - ESC-historisch gesehen - Newcomer, 9:8 zugunsten der klassischen Länder im zweiten Semi. Im Finale sind ja ohnehin die sechs gesetzten Teilnehmer allesamt nicht aus dem Osten Europas.
Die Niederlande findet sich in der ersten Hälfte des ersten Halbfinals: Möglich also, dass die bislang als Mitfavoritin gehandelte Trijntje Oosterhuis den Auftakt macht. Das ist natürlich offen und wird erst bestimmt, wenn alle Lieder bekannt sind. Bekanntlich werden ja inzwischen nur noch die Halbfinals ausgelost und in welcher Hälfte eines solchen ein Land antritt. Die präzise Startreihenfolge bestimmen der Regisseur und seine Helfer - bei ihnen geht es um den sogenannten "Flow", dass also nicht zum Auftakt eines Semis oder des Grand Finals ein eher schleppend-einschläferndes Lied angeboten wird, sondern ein eher wach machendes Stück.
Gerechte Verteilung der skandinavischen Länder
Was die Blockbildungen anbetrifft, hat Griechenland Pech: Es performt selbst im ersten Halbfinale, die sicheren Punktelieferanten aus Zypern müssen hingegen im zweiten Semi ran. Um sich zu begünstigen, müssten sie es beide ins Grand Final schaffen. Der skandinavische Block, in den vergangenen Jahren am dichtesten zueinander aufgestellt, verteilt sich gerecht: Schweden, Norwegen und Island im zweiten, Dänemark und Finnland im ersten Halbfinale. Letztere Paarung hat keine besondere Affinität zueinander - Dänemark muss es also ohne besonderen Sympathiebonus von den Nachbarn schaffen, denn Deutschland punktet ja auch erst im zweiten Semi. Aserbaidschan und Armenien sind diesmal nicht in einem Semi - falls die einander im Unfrieden liegenden Länder konkurrieren sollten, müssten sie ebenso ins Finale gelangen. Belgien darf sich darüber freuen, den Nachbarn Niederlande in der gleichen Vorrunde zu wissen.
Russland hingegen weiß seine Freunde aus Weißrussland und Moldau an seiner Seite, auch Armenien zählt zu den Fans aller Dinge aus Moskau. Ob der russische Beitrag auf georgische Punkte hoffen darf, ist offen: Georgien ist sehr europäisch orientiert - aber vielleicht übertreibe ich auch in der Zuordnung politischer Gesichtspunkte in Belangen einer ästhetisch-popkulturellen Veranstaltung. Um auf das Gastgeberland des Jahres 2012, Aserbaidschan, zurückzukommen: Es ist in seinem, dem zweiten Semi, das einzige postsowjetische Land - wenn man davon absieht, dass Lettland und Litauen bis zum Fall des Eisernen Vorhang auch noch Teil der UdSSR war. Faktisch heißt das: Der Act aus Baku muss es ohne Punkte aus guten Nachbarschaften packen. Tschechien, Wiedereinsteiger in den ESC, hat nur einen einzigen Nachbarn direkt in der Konkurrenz, das ist Polen. Österreich stimmt im ersten Semi ab, die Leute aus Prag müssen sich auf die Gunst des deutschen Publikums verlassen: Sonst klappt das vielleicht wieder nicht mit dem Sprung ins Grand Final. Es war im Übrigen eine schmuck- und schnörkellose, gleichwohl feine Übertragung - im Wiener Rathaus ein Kronleuchter über Moderatoren, die ausgesprochen hörbar über einen Akzent im Englischen verfügten, welcher sehr, sehr deutsch klang.
Anmerkung der Redaktion (26.01.2015):
Wir werden häufig gefragt, warum Deutschland im 2. Halbfinale abstimmem möchte. Hier die Hintergründe:
Dass der NDR um eine Abstimmung Deutschlands im zweiten Semifinale gebeten hat, hat seinen Grund in der Jury: Deren Mitglieder geben ja die Wertung nach dem so genannten Jury-Finale ab, am darauf folgenden Tag werden sie das Semifinale voraussichtlich live in der Halle in Wien verfolgen. Aus logistischen Gründen können die Jurymitglieder das im betreffenden Zeitraum nur in der zweiten Wochenhälfte tun.
Anmerkung der Redaktion (27.01.2015):
Leider ist uns ein kleiner Fehler unterlaufen. In der Begründung, warum Deutschland im zweiten Halbfinale abstimmen möchte, geht es ausschließlich um die Semifinals. Der zweite Satz muss korrekterweise lauten: Deren Mitglieder geben ja die Wertung nach dem so genannten Jury-Semifinale ab, am darauf folgenden Tag werden sie das Semifinale voraussichtlich live in der Halle in Wien verfolgen.
Wir bitten um Entschuldigung!