Stand: 21.01.2015 10:00 Uhr

Strahlender Arbeitsplatz als Teil des Werbekonzepts

Charmed beim Eurovision Song Contest 2000 in Stockholm © dpa-Bildfunk
Beim ESC in Stockholm 2000 wurde schon mit dem Bühnenbild geworben. Im Vergleich zu heute hielten sich die technischen Möglichkeiten jedoch in Grenzen.

Das Beste an der öffentlichen Vorstellung des Bühnenbildes - als Entwurf - für den ESC im Mai, ist, dass es überhaupt eine Meldung wert war. Meiner Erinnerung nach war nämlich der ESC 2000 in Stockholm der erste, bei dem das Bühnenbild Teil der Werbeideen war: Werbung für den ESC. In allen Jahren zuvor war es so, dass der Look der Bühne erst Tage vor dem Grand Final bekannt wurde. Die Kommentatoren etwa, die sich auf ihren Job vorbereiteten, sahen es bei den Proben natürlich, aber mir ist nicht bekannt, dass das Bühnenbild schon Monate vorher präsentiert wurde, um Interesse an dem Event zu wecken.

Auch nicht, um ein besonders spektakuläres Beispiel zu nehmen, 1969, als in Madrid der ESC Station machte. Das spanische Fernsehen hatte den berühmten Maler Salvador Dalí für das Aussehen der Arbeitsfläche gewinnen können. Das kostete viel Geld, aber es ging um viel Prestige für den Sender, für das Land. Denn es wurde ja noch von einem rechten Diktator regiert. Der ESC sollte dem Image des Landes aufhelfen. Und in dieser Hinsicht war es auch wichtig, dass das Bühnenbild einen gewissen Glamour durch einen international sehr bekannten Künstler verbreitet.

Mosaiksteinchen der Werbung

Aber heutzutage ist das anders: Jeder ESC wird von den Veranstaltern so beworben, dass jedes Detail in die öffentliche Arena getragen wird. Alles muss Werbung sein, und das ist ja auch nicht schlecht: Klappern gehört eben zum Handwerk, das wissen selbst jene, die finden, dass es letztlich doch auf die Lieder ankommt. Im Frühsommer wurde öffentlich debattiert, welche Stadt es überhaupt in Österreich wird; im Herbst die Frage, wann und unter welchen Bedingungen es Tickets gibt; schließlich wurde es Teil des Öffentlichkeitskonzepts, die Moderatorinnen zu präsentieren. Früher war der ESC ein Fernsehereignis, das einmal im Jahr ohne sehr starken öffentlichen Vorlauf wie plötzlich im Programm auftauchte - und als Supernova des europäischen Entertainments meist rasch wieder verglühte. Quasi mit dem Abspann der Show, auf dem alle Namen aufgezeigt wurden, die fernsehtechnisch an der Show beteiligt waren.

Das Design der Showbühne des ESC 2015 in Wien (Animation). © ORF
Mehr als 1.200 Licht-Stelen bilden um ein Riesenauge herum den Mittelpunkt der ESC Bühne 2015.

Das würde heute natürlich nicht mehr gehen. Für jede Sendung muss bei der Vielzahl an Angeboten geworben werden. Insofern war die gestrige Veröffentlichung des Bühnenbildes ein Mosaiksteinchen aus einem Bild, das mit dem Grand Final Ende Mai vollendet sein wird. Denn eigentlich ist das Aussehen der Bühne für die Semifinals und die Endrunde fast austauschbar. Im Mai wird es in der Wiener Stadthalle ein paar Unterschiede zu den Jahren zuvor geben.

Letztlich ist es jedoch wie in der Hosenmode: Zwei Beinteile und ein darüber gesetztes Stück für das Gesäß sind es immer - nur wie die Teile jeweils aussehen, wie sie geschnitten sind, ändert sich gewisserweise. In Wien gilt auch, dass das Bühnenbild eine Arbeitsfläche für das Showkonzept selbst und für die Künstler sein muss. Alle 39 Acts müssen unterschiedlich inszeniert sein. Jedes Land muss die Chance bekommen, anders als die anderen auszusehen. Damit dies gelingen kann, muss ein Bühnenentwurf technisch gesehen über viel Lichtquellen verfügen und ausreichend Platz, um das Tänzerische (sofern das ein Beitrag aus irgendeinem Land möchte) zur Geltung zu bringen.

Kameras müssen Raum für ihre Arbeit haben - und es soll immer so sein, dass schnell auf- und schnell wieder abgebaut werden kann. Nichts darf zwischen zwei Liedern länger als eine Minute dauern. Insofern ist ein Bühnenentwurf auch immer eine Flächenanordnung, um dem Fernsehen das Arbeiten zu erleichtern. Bühnenarrangements wie 1992 in Malmö sind nicht mehr möglich: Ein Wikingerschiff in der Mitte der Anordnung wäre nur ein Hindernis für Kamerafahrten.

Die Bühne als Arbeitsfläche für alle Beteiligten

Der Wiener Entwurf, den wir realisiert im Mai sehen werden, lebt vom Eindruck eines riesigen Auges, umrandet von einer Art Lichtstelenfeld. In der Mitte dieses Auges wird aller Glamour entwickelt, beziehungsweise von hier aus besteht die Chance, Glanz zu servieren. Ich vermute, dass schwache Beiträge im Auge des Orkans als Stürmchen erkennbar und hörbar werden: viel Getummel, nur wenig dahinter. Und so lässt sich sagen: Big eye is watching all!

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 23.05.2015 | 21:00 Uhr

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