Unheilig: Vom Stotterer zum Star-Sänger
In der Schulzeit stottert er, wird gehänselt und hört schließlich ganz auf zu sprechen. Heute hängen Millionen von Fans an den Lippen des Grafen und lauschen andächtig seinen Texten. Der Mann mit dem kahl rasierten Schädel und dem dreieckigen Backenbärtchen ist Sänger der Band Unheilig. Seine Erfolgsgeschichte zeigt, dass es möglich ist, Hindernisse zu überwinden. Als er 17 ist, rät ihm der stellvertretende Schulleiter zu einem Beruf, in dem er mit niemandem reden muss und keinen Kontakt zu Menschen hat.
Doch der junge Mann lässt sich nicht entmutigen und hält an seinem Traum fest: "Ich wollte Berufsmusiker werden. Ich wollte Musik machen, Lieder schreiben, veröffentlichen. Das war das große Ziel. Mein Herz war immer voll mit Musik." Unheilig gehört heute zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Bands der vergangenen Jahrzehnte.
Eine Kunstfigur im schwarzen Anzug und weißen Hemd
Der Weg bis ganz nach oben verläuft über Umwege: Lehre als Hörgeräteakustiker, Zeitsoldat bei der Bundeswehr und nebenher Musik machen. 2000 gründet der Graf die Band Unheilig. Doch der charismatische Frontmann hat keine Lust auf Kompromisse und trennt sich zwei Jahre später wieder von den Musikern.
Seither ist er Sänger, Texter und Produzent von Unheilig in Personalunion. Bei Konzerten tritt er mit wechselnden Gastmusikern auf. Seinen bürgerlichen Namen hält der Graf von Anfang an geheim. Er stilisiert sich als Kunstfigur im schwarzen Anzug mit weißem Hemd und dunkler Krawatte. Bis 2008 tritt er mit weißen Kontaktlinsen auf, die ihm etwas Dämonenhaftes verleihen. Sein Publikum kommt vor allem aus der sogenannten Schwarzen Szene. Das ändert sich 2010 schlagartig. Im Februar erscheint das Album "Große Freiheit“ und die Singleauskopplung "Geboren um zu leben". Die düster-melancholischen Rocksongs mit elektronischem Einschlag begeistern die Massen. Das Album landet auf Platz eins der deutschen Verkaufscharts, bleibt dort 23 Wochen und wird mehr als zwei Millionen Mal verkauft. Unheilig gewinnt den Bundesvision Song Contest und sammelt jetzt Preise wie andere Herzen an der Supermarktkasse: Bambi, Comet, Goldene Kamera, sechs Mal Echo, Swiss Music Award. Der Graf sitzt auf dem Pop-Thron und steigt nicht mehr herunter.
Unheilig lässt die Fans entscheiden
Die Fans sind dem Grafen von Anfang an heilig. Er ist bekannt für ausgedehnte Autogrammstunden und bezieht seine Anhänger in wichtige Entscheidungen ein. 2003 und 2004 lässt er seine Gefolgschaft abstimmen, welche Lieder aus den Alben "Das 2. Gebot" und "Zelluloid" als EP ausgekoppelt werden. Die bisher größte Fan-Entscheidung fällt im November 2013. Der Sänger macht seine Bewerbung für den ESC-Vorentscheid vom Votum der Anhänger abhängig. 33.430 Personen machen mit und stimmen 31.265 Mal mit mit ja. Der Graf ist überwältigt: "Ich freue mich sehr, dass so viele meiner Fans meinen Traum teilen, mein Land mit einem Lied in meiner Sprache beim Eurovision Song Contest 2014 zu vertreten." Aber auch seine riesige Fangemeinde im Rücken hat am Ende leider nicht geholfen: Der Graf unterliegt mit seinem Song "Wir sind alle wie eins" knapp in der finalen, dritten Votingrunde beim ESC-Vorentscheid in Köln und muss Elaiza nach Kopenhagen ziehen lassen.