Norwegen: Tooji
Er war einer der heiß gehandelten Kandidaten beim ESC-Finale in Baku, doch Tooji Keshtkar belegte mit nur 7 Punkten einen enttäuschenden letzten Platz. Dabei hätte er sich mit einem Sieg am 26. Mai 2012 selbst das größte Geschenk zu seinem 24. Geburtstag machen können.
Für höhere Weihen hat sich Tooji mit seinem unangefochtenen Sieg beim norwegischen Vorentscheid empfohlen. Seine neun Konkurrenten im Finale des "Melodi Grand Prix" hatten der mit orientalischen Klängen aufpolierten Disco-Nummer "Stay" nichts entgegenzusetzen. Nicht geschadet haben dürfte auch das unverschämt gute Aussehen des "Prinzen von Persien".
Toojis Odyssee
Seinen Spitznahmen bekam er von der norwegischen Presse wegen seiner iranischen Wurzeln verpasst: Er ist am 26. Mai 1987 im südlichen Nachbarland von Aserbaidschan, in Schiraz, zur Welt gekommen, 1.700 Kilometer entfernt von Baku. Toojis Mutter Lily floh im Jahr 1989 als politischer Flüchtling mit dem gerade einjährigen Sohn und seinen drei älteren Brüdern über die Türkei, das damalige Jugoslawien und Österreich bis nach Norwegen.
Als Asylbewerber in einem fremden Land aufzuwachsen, war für Tooji eine prägende Erfahrung. Zwar verdiente er mit 16 Jahren sein erstes Geld als Model, aber nach der Schule ließ er sich zum Sozialpädagogen ausbilden. Für Tooji ist es eine Herzensangelegenheit, sich in Auffanglagern um Kinder und Jugendliche zu kümmern, die wie er Hilfe beim Start in ein neues Leben brauchen. Daran ändert auch der Gewinn des norwegischen Vorentscheid nichts. "Ja, in der nächsten Woche muss ich wieder zur Arbeit", verriet Tooji einem Reporter des Fernsehsenders NRK nach der Siegerehrung, fügte jedoch sogleich hinzu: "Aber auf der Bühne bin ich zu Hause".
Erster Schwanengesang
Das gute Gefühl, im Rampenlicht zu stehen, konnte Tooji erstmals als Moderator von MTV Norwegen auskosten. Als Gesicht der Shows "Superstar Saturday" und "Toojis Top 10" gehörte er 2008 plötzlich zur norwegischen Medienprominenz. Während dieser Zeit unternahm er auch erste Gehversuche als Sänger, fand aber für seine Ballade "Swan Song" keine Plattenfirma. Wer den Song anhören will, muss dafür im Netz auf die Suche gehen. Kaufen kann man ihn derzeit nicht.
Es gab aber eine Person, die trotz dieser Pleite fest an Toojis Gesangstalent glaubte: Kathrine Synnes Finnskog. Die erfahrene Musik-Managerin - sie kümmert sich unter anderem um die Belange von Alexander Rybak, der 2009 mit "Fairytale" die Grand-Prix-Krone nach Norwegen holte - nahm den "Prinz von Persien" unter ihre Fittiche. Fehlten noch zwei erfahrene Produzenten wie Peter und Figge Boström und dem Siegeszug von "Stay" beim norwegischen Vorentscheid stand nichts mehr im Wege.
Was die Boströms auszeichnet? Die Liste der Künstler, mit denen die beiden im Laufe ihrer Karriere schon einmal zusammengearbeitet haben, liest sich wie das Who is who des schwedischen ESC-Universums: Eric Saade, Martin Stenmarck, Lena Philipsson, Charlotte Perrelli und Carola.