Serbien: Milan Stanković
Angesichts leerer Kassen sah sich das serbische Fernsehen bei seiner Kandidatensuche für den 55. Eurovision Song Contest gezwungen, den Rotstift anzusetzen. Das beliebte, aber teure Showformat Beovizija wurde kurzerhand eingestampft. Mit einer internen Auswahl wollten sich die Organisatoren aber nicht zufrieden geben und so ließen sie sich von ihren Kollegen der BBC inspirieren. In Anlehnung an den britischen Vorentscheid "Your Country Needs You" begab man sich auf die Suche nach einer heimischen Version von Sir Andrew Lloyd Webber und wurde schließlich mit Goran Bregović fündig. Der insbesondere durch seine Filmmusik international bekannte Komponist und Leiter des Orchesters "Hochzeiten und Beerdigungen" wurde dazu auserkoren, bei der Suche nach einem erfolgversprechenden Grand Prix Act zu helfen.
Moderner Dreikampf in Serbien
Bregovićs Aufgabe bestand darin, für den neuen serbischen Vorentscheid drei Songs zu schreiben. Für jeden Song durfte der Komponist dann bei einem internen Casting drei Nachwuchskünstler auswählen, die sich schließlich am 13. März 2010 dem Urteil der serbischen Zuschauer stellten. Aus dem Dreikampf mit der Sängerin Emina Jahović und dem Duo Oliver Katić & Jelena Marković ging der androgyne Sänger Milan Stanković mit "Ovo je Balkan" als Sieger hervor.
Das ist der Balkan
Wie der Songtitel verrät, schicken die serbischen Televoter Milan Stanković mit einem Loblied auf den Balkan nach Oslo. Goran Bregovićs Komposition heißt ins Deutsche übersetzt "Das ist der Balkan" und strotzt nur so vor folkloristischen Elementen. Allein das Intro der Bläsergruppe führte bei den serbischen Nachbarstaaten zur reflexartigen Vergabe von Länderpunkten - das restliche Europa ließ sich aber nicht wirklich mitreißen. Zwar überstand Milan Stanković das Halbfinale, aber im Feld der 25 Finalisten musste sich der Serbe auf einem enttäuschenden 13. Rang einreihen.
Das ist der Milan
Milan Stanković wurde am 9. September 1987 in dem Belgrader Vorort Obrenovac geboren. Seine offizielle Biografie verrät, dass er als kleiner Junge eigentlich nicht den Wunsch gehabt hatte, Sänger zu werden. Vielmehr standen Cowboy oder Prinz ganz oben auf der Liste seiner Traumjobs. Nach dem Abschluss der Schule, ging es für Milan aber zunächst in eine ganz andere Richtung. In Zemun, einem weiteren Stadtbezirk von Belgrad, besuchte er eine medizinische Fachhochschule, die er erfolgreich als Medizinisch-Technischer Assistent abschloss.
2008 wurde Milans solide Lebensplanung ausgerechnet von seiner eigenen Verwandtschaft über den Haufen geworfen. Schwester und Onkel meldeten den jungen Serben bei der Casting-Show "Zvezde Granda" an. Der Wettbewerb wird in Serbien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina ausgestrahlt und ist durch die Vorliebe seiner Kandidaten für Turbofolk extrem populär. Im Finale der Show im Sommer 2009 landete Milan Stanković auf dem vierten Platz. Im selben Jahr veröffentlichte er Debütalbum "Solo".
Kampf mit dem Drachen
Sein Auftritt beim Contest dürfte Milan Stanković auf dem Balkan endgültig zum Superstar machen. Allerdings grassierte dort schon vor seinem Sieg beim serbischen Vorentscheid die "Milanomania". Seine Verehrer kaufen nicht nur seine Musik, sondern imitierten auch die schrillen Outfits und den akkuraten Pony des Sängers. Ein Sieg in Oslo würde der Fangemeinde auch Munition in einem ganz anderen Kampf liefern. Milans Anhänger liefern sich im Internet einen Schlagabtausch mit Fans des koreanischen Sängers G-Dragon. Ihr androgyner Stil macht die beiden zu unfreiwilligen Zwillingen und die heiß diskutierte Frage lautet: Wer ist die bessere Hälfte?