Portugal: Homens da Luta
Zwei Länder haben bei ihrem Einstieg zum Eurovision Song Contest ein Lied mit dem Titel "Gebet" (in der jeweiligen Landessprache) gesungen. Bei Serbien führte es zum sensationellen ersten Platz. António Calvário erzielte mit dem gleichen Titel bei der ersten Teilnahme Portugals 1964 null Punkte. Dessen Name stand unfreiwillig Pate für den weiteren Werdegang des Landes beim ESC: Calvário heißt so viel wie Leidensweg oder Qual.
Sympathiepunkte für eine Spaßgruppe
Tatsächlich hat Portugal bis 2011 bereits 44 Mal am Wettbewerb teilgenommen, ohne je die ESC-Krone zu ergattern oder auch nur unter die besten fünf zu kommen. Damit ist Portugiesisch zweifelsohne die erfolgloseste Sprache beim Eurovision Song Contest. Daran hat sich dieses Jahr nichts geändert. Mit der sechsköpfigen Gruppe Homens da Luta (Männer des Kampfes) fuhr eine Spaßtruppe nach Düsseldorf, die den einen oder anderen Sympathiepunkt erheischt haben dürfte, aber mehr nicht. Ihr Lied behauptete "Kämpfen macht Spaß" ("Luta É Alegría") - diese Ansicht kann man auch nach 2011 nur allen portugiesischen Kandidaten mitgeben und hoffen, dass der lange und zähe Kampf um den ersten ESC-Sieg doch in Zukunft irgendwann einmal von Erfolg gekrönt sein möge.
Kampf für mehr Gerechtigkeit
Das portugiesische Sextett wollte mit seinem Titel soziale Missstände anprangern: "Wir sind Leute, die nicht mögen, wie es gerade um Portugal und Europa steht und wir werden in Düsseldorf sein, um genau das zu zeigen", sagte Leadsänger Nuno Duarte alias Jel im Interview mit der Fansite "Oikotimes" nach dem Sieg der Combo beim portugiesischen Vorentscheid. Er ergänzte: "Dieser Song ist eine Waffe", die seine Band nutzen will, um "für mehr Gerechtigkeit zu kämpfen, damit alle in Europa besser leben können". Eine Liedzeile im Refrain besagt: "Ob Tag oder Nacht, der Kampf macht Freude, das Volk geht auf die Straße, um zu schreien". Eine Antwort also auf die Finanzkrise nicht nur im Süden Europas.
Aus im ersten Halbfinale
Theoretisch hätte man meinen können, der Text sei politisch - und: Politisch motivierte Texte sind nach den Regeln der EBU nicht erlaubt. Über eine Disqualifikaton wurde 2011 aber nicht diskutiert. Das war Homens da Luta übrigens im Vorjahr passiert, wenn auch aus anderen Gründen. 2010 hatten sich die Comedians beim Festival da Canção per Internet beworben, ihr Lied dann aber vor dem Finale veröffentlicht - ein klarer Regelverstoß.
Der Song stammt von den Brüdern Nuno und Vasco Duarte, die Homens da Luta 2006 für eine TV-Comedy-Sendung gründeten - eine Hommage an die Nelkenrevolutionvon 1974, gleichzeitig eine Veralberung der heimischen Singer-Songwriter. Die Gruppe führt Sketche im Fernsehen auf und nahm 2010 ihr erstes Album auf: "A Cantiga É Uma Arma" (Das Lied ist eine Waffe). Die Brüder Vasco sind bereits mehrfach auf Demonstrationen wegen Störung des öffentlichen Friedens festgenommen worden.
Dass nun das sozialkritische Sextett nach Düsseldorf fuhr, hatten die Bandmitglieder aus Lissabon ausschließlich den Televotern zu verdanken. Die 20 Juroren der Regionen Portugals von den Azoren bis zur Algarve hatten Nuno Norte mit dem Beitrag "Sao Os Barcos De Lisboa" den Vorzug gegeben. Die Zuschauer gaben jedoch nach der dreistündigen Sendung mit zwölf Finalisten und Showeinlagen der Vorjahresteilnehmerin Filipa Azevedo 26 Prozent ihrer Stimmen dem Sextett. Damit überstimmten sie die Jury.
Beim anwesenden Publikum und dem Jurysieger Norte sorgte das Ergebnis für großen Unmut, viele Gäste verließen den Saal unter Buhrufen. Ob er in Düsseldorf ein anderes Ergebnis eingefahren hätte, bleibt Spekulation. Ein wenig Genugtuung dürfte es jedoch für den verschmähten Jurysieger bedeutet haben, dass das internationale Publikum Homens da Luta im ersten Halbfinale in Düsseldorf nicht ausreichend mit Stimmen versorgten. Das Spaß-Sextett schied aus.