Conchita Wurst singt auf der großen ESC-Bühne. © NDR/Rolf Klatt Foto: Rolf Klatt
Conchita Wurst
"Rise Like A Phoenix", 2014 in Kopenhagen (Finale) (1. Platz, 290 Punkte)
Stand: 08.11.2019 10:16 Uhr

Conchita Wurst: Siegreiche Diva mit Bart

Conchita Wurst hat in Kopenhagen mit der orchestralen Ballade "Rise Like A Phoenix" den Eurovision Song Contest gewonnen. Und zwar in glamouröser Pose mit 290 Punkten.

Der Song, mit dem Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest 2014 in Kopenhagen antritt, heißt: "Rise Like A Phoenix". Und der Titel ist Programm: Mit divenhafter Geste präsentiert die Dragqueen am Finalabend die pompöse Ballade und unterstreicht so den Versuch, beim ESC auch international aus dem Nichts in den Pop-Olymp aufzusteigen. Es gelingt ihr. Conchita Wurst gewinnt den 59. Song Contest mit 290 Punkten. Der Titel "Erste Frau mit Bart beim Eurovision Song Contest" war ihr zuvor schon sicher.

Conchita Wurst zieht alle Blicke auf sich

Sexy Kleider, Gala-Frisur und High Heels: Alles typisch Frau, wenn da nicht der dichte, schwarze Vollbart wäre. Mit diesem provokanten Mix aus männlich und weiblich zieht Conchita Wurst die Blicke auf sich - mit voller Absicht natürlich. Denn weder Name noch Aussehen sind ein schwerer Schicksalsschlag, sondern frei gewählt. Im privaten Leben heißt die Dragqueen Thomas Neuwirth. Als solcher tritt er bei der ORF-Castingshow "Starmania" 2007 zum ersten Mal auf die große Showbühne und erreicht den zweiten Platz. Vier Jahre später sorgt der 1988 geborene Österreicher dann richtig für Furore, jetzt als Conchita Wurst. In der ORF-Talentshow "Die große Chance" erreicht die "Diva mit Haaren im Gesicht" zwar nur den sechsten Platz, doch die spektakuläre Erscheinung macht den Mann, der schon als kleiner Junge gerne Mädchenkleider trug, in ganz Österreich bekannt.

VIDEO: Österreich/Conchita Wurst: "Rise Like A Phoenix" (3 Min)

Engagement für Toleranz und Freiheit

Das Spiel mit den Geschlechtern wird ab sofort zum Markenzeichen. "Eigentlich ist es Wurst, wie man aussieht und woher man kommt. Einzig und allein der Mensch zählt", erklärt Conchita Wurst die Bedeutung ihres Nachnamens. Der Travestiekünstler will nicht nur musikalisch durchstarten, sondern setzt sich mit jedem Auftritt auch für Toleranz ein. Das Engagement ist persönlich motiviert. Thomas Neuwirth alias Conchita Wurst hatte eine sehr schwere Zeit als schwuler Jugendlicher auf dem Lande. Mit der schillernden Kunstfigur setzt er ein Zeichen für die Freiheit jedes Einzelnen.

ESC-Nominierung für Österreich ohne Vorentscheid

2012 tritt Conchita Wurst beim österreichischen Vorentscheid für den ESC in Baku an. Mit großer Pose schmettert sie den Song "That’s What I Am" und verpasst als Zweite hinter den Trackshittaz nur knapp das Ticket nach Aserbaidschan. Doch ihr Auftritt macht Eindruck: Im September 2013 gibt der Österreichische Rundfunk bekannt, dass Conchita Wurst die Nation beim ESC 2014 vertreten wird - ganz ohne Vorentscheid. Das Lied kennt zu diesem Zeitpunkt noch niemand. Die Nominierung polarisiert. Im Internet formiert sich eine Protestgemeinde, die mit teils niederträchtigen und schwulenfeindlichen Beleidigungen reagiert. Für die Sängerin heißt das: Jetzt erst recht! Mit Unterstützung ihrer großen Fangemeinde will sie der Intoleranz die Stirn bieten.

Erste "ESC-Diva" mit Vollbart

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ESC-Gewinnerin Conchita Wurst © NDR Foto: Rolf Klatt

Conchita Wurst holt ESC-Krone nach Österreich

Schon als kleiner Junge hatte Tom Neuwirth alias Conchita Wurst ein Faible für Kleider. Später wird diese Leidenschaft zur Profession. Das Markenzeichen: der Vollbart. Bildergalerie

Einen derart provokanten Act nach Kopenhagen zu schicken, ist natürlich eine Entscheidung mit Kalkül, denn eins ist sicher: Der pikante Geschlechtermix ist für die Journalisten ein gefundenes Fressen und Conchita Wurst in Kopenhagen in aller Munde. Zudem verspricht ein Auftritt von Männern in Frauenkleidern Erfolg: Die Sänger der slowenischen Gruppe Sestre im sexy Stewardessen-Outfit landen 2002 in Tallinn auf Platz 13 und 2007 in Helsinki schafft es die ukrainische Wuchtbrumme Verka Serduchka alias Andrej Danilko im verrückten Sternendress bis auf den zweiten Platz. Den größten Erfolg verzeichnet jedoch nach wie vor Dana International, die 1998 in Birmingham den Sieg für Israel holt, obwohl die Transsexuelle streng genommen gar nicht zur Kategorie "Männer in Frauenkleidern" gehört. Die Dragqueen Conchita Wurst hingegen schon. Als bizarre Kreuzung aus Kim Kardashian und Harald Glööckler setzt sie mit ihrem haarigen Diven-Look noch einen drauf und kommt außerordentlich gut an in Kopenhagen: sie holt die ESC-Krone.

Und auch nach ihrem Sieg ist die außergewöhnliche Sängerin gut im Geschäft. Sie bringt ihre Biografie "Ich, Conchita" raus, veröffentlicht ein zweites Album und ist auch sonst viel unterwegs. Beim deutschen Vorentscheid 2015 in Hannover begeistert sie mit ihrem neuen Song "You Are Unstoppable".

Spiel mit Geschlechterrollen: Aus Conchita wird WURST

Conchita Wurst beim Wiener Opernball 2019. © picture alliance Foto: picture alliance / Karl Schöndorfer / picturedesk.com
Die Rolle als bärtige Diva ist vergangenheit: Beim Wiener Opernball gibt sich Conchita Wurst betont männlich.

Die Sängerin trennt sich von einem Teil ihres Künstlernamens. Sie will nun nicht mehr Wurst heißen und nennt sich ab sofort nur noch Conchita. Sie setzt sich weiter für Toleranz ein und mehr und mehr gibt sie auch Persönliches preis. Im April 2018 macht Conchita ihre HIV-Infektion öffentlich. Sänger Thomas Neuwirth will mit seinem Coming-Out anderen Betroffenen Mut machen und ein Zeichen gegen die Stigmatisierung von Menschen setzen. Im Frühjahr 2019 vollzieht Thomas Neuwirth einen neuen Imagewechsel: Er veröffentlicht den Song "Trash All The Glam" - auf Deutsch "Wirf den Glamour in den Müll". Fortan dominiert nicht mehr die weibliche Seite bei seinen Auftritten: Statt Conchita nennt er sich nur WURST, und möchte nun als Mann gesehen werden.

Conchita Wurst

Bürgerlicher Name: Thomas Neuwirth
Geburtstag: 6.11.1988
Geburtsort: Gmunden
Land: Österreich
Sternzeichen: Skorpion
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Auszeichnungen

  • 2014: Ehrenbürgerschaft (Bad Mitterndorf)
  • 2015: Amadeus-Awards: Künstlerin des Jahres, Song des Jahres ("Rise Like a Phoenix"), Video des Jahres ("Heroes")
  • 2015: Romy für den "TV-Moment des Jahres"
  • 2015: Jean-Claude-Letist-Preis der Kölner Aids-Hilfe
  • 2016: Amadeus-Awards: Künstlerin des Jahres

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 10.05.2014 | 21:00 Uhr

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