Die Showtreppe in Richtung Malmö
Was für ein Abstimmungskrimi in Hannover, spannender kann auch der "Tatort" am Sonntagabend nicht sein. Erst mit dem letzten Ergebnis, dem des Zuschauervotings, ist es amtlich: Unser Song für Malmö heißt "Glorious", gesungen von Cascada. Das Radiovoting hatte die Band LaBrassBanda zuvor mit 22 Stimmen Vorsprung gewonnen. Die Jury gab den Buben aus Bayern hingegen nur einen Punkt und sah stattdessen Blitzkids mvt. auf Platz eins. Zu guter Letzt waren es die Fernsehzuschauer, die für Klarheit sorgen mussten.
Cascada hat einst sogar mal Michael Jackson von Platz eins der britischen Charts verdrängt. Und auch an ihren elf Konkurrentinnen und Konkurrenten in Hannover zieht sie im letzten Moment vorbei - wenn auch nur mit sieben Punkten Vorsprung. Der Auftritt hat vieles, was ESC-Fans sich wünschen: einen eingängigen Song, ordentliche Beats und eine Windmaschine - und Natalies kraftvolle Stimme. Sogar eine Showtreppe haben Cascada mit nach Hannover gebracht - und steigen mit dem Song "Glorious" am Ende des Abends nach ganz oben.
Der Traktor bleibt im Chiemgau
Mit einem Trecker wollten die fünf Buben vonLaBrassBanda nach Malmö fahren, wenn sie den Vorentscheid gewinnen. Und eine Weile sieht es auch tatsächlich so aus, als müssten sie dieses Gefährt satteln. Ihr Auftritt ist voller Energie und eine Mordsgaudi. Oder um es mit den Worten von Moderatorin Anke Engelke zu sagen: Tuba und Posaune waren vor Kurzem noch so uncool wie Mineralwasser oder Sonnenbrand - dann kamen LaBrassBanda. Doch dann reicht es für die charismatische Bläsercombo mit den nackerten Füßen doch "nur" für Platz zwei.
Einen technisch einwandfreien Auftritt legen die Söhne Mannheims hin, er ist vielleicht ein bisschen weniger schwungvoll als andere. In "One Love" geht es um soziale Missstände. Vielleicht ein zu schwieriges Thema für den Eurovision Song Contest?
Deutsche Lady Gaga und Kriegsbemalung
Laut Anke Engelke ist Lady Gaga die amerikanische Antwort auf Blitzkids mvt. Als es in der Halle dunkel wird und das Künstlerkollektiv die Bühne betritt, wird es vom Publikum begeistert empfangen. Auch die Jury belohnt den Auftritt mit der höchsten Punktzahl. Und trotzdem, ein Ticket nach Malmö wird es an diesem Abend nicht - aber immerhin ein vierter Platz.
Strahlend steht Finn Martin auf der Bühne, als er den Wettbewerb an diesem Abend eröffnet. Der 28-Jährige verbreitet gute Laune, seine Trommler und der Schlagzeuger geben alles und haben sogar Kriegsbemalung aufgetragen. Doch diesen Kampf müssen sie verloren geben.
Heimaturlaub auf eigene Kosten
Eigentlich hatte Betty Dittrich am 18. Mai in ihre alte Heimat fahren wollen, die in Berlin lebende Sängerin stammt ursprünglich aus der Nähe von Malmö. Doch nun muss sie die Reise selbst finanzieren. Dabei strahlt sie beim Auftritt mit der Bühnendekoration im Retro-Stil um die Wette. Den Zuschauern bietet sich ein echter Farbrausch, die Abstimmenden aber sind nicht alle geflasht.
In ihrem Vorstellungsvideo singt Mia Diekow ein Lied, in dem sie erklärt, dass sie am ESC teilnehmen möchte, weil der Mann vom Finanzamt schon wieder vor der Tür stand. Ob er für sie angerufen hat? Genügend Stimmen bekommt sie an diesem Abend nicht zusammen, so wird es nichts mit der dicken Siegerprämie.
Geplatzte Eurovisionen
"Unsere Vision: Eurovision", so heißt es im Vorstellungsvideo der Duisburger Band Mobilée. Doch diese Vision zerplatzt an diesem Abend. Zwar hält die Sängerin mehr Augenkontakt zum Publikum als noch bei den Proben - aber ihre Stimme hält nicht so richtig. Die Newcomer hatten sich schon auf Köttbullar gefreut, die müssen sie nun wohl im Restaurant eines schwedischen Möbelhauses zu sich nehmen.
Die Lasershow zu Ben Ivorys Auftritt ist gigantisch, fast durchgehend wird er während des Auftritts angestrahlt. Zum strahlenden Sieger wird man dadurch beim Eurovision Song Contest jedoch nicht. Sein Gesang wirkte ein bisschen unsicher, die Stimme stellenweise zu dünn.
Starke Stimmen, aber kein Sieg
Saint Lu hingegen weiß um ihre starke Stimme - und verlässt sich beim ihrem Auftritt vor allem auf diese. Keine aufwendigen Kostüme, keine überladenen Lightshows oder Pyrotechnik - nur ihre Band, sie und ihre großen dunklen Augen. Die schauen am Ende des Abends dann aber wohl doch ein klein wenig traurig drein.
Beten für den Sieg ist Kirchenvertretern ganz sicher zu banal, aber vielleicht hätte es geholfen. So landen die Priester und Mojca Erdmann mit ihrem getragenen "Meerstern, sei gegrüßt" nur auf Platz zehn.
Nica & Joe scheitern mit "Elevated", dem Song, der Klassik- und Popfans gleichermaßen ansprechen sollte. Vielleicht haben sie sich mit diesem Plan übernommen. Im Hintergrund pulsieren passend zum Valentinstag rote Herzen, zerbrochene jedoch - und das gilt auch für den Traum von Malmö.
Zwischenacts der Extraklasse
Eröffnet wird die Show an diesem Abend relativ unvermittelt. Wer sich gerade noch fragt, ob der letzte Vorentscheid wirklich schon ein Jahr her ist, befindet sich plötzlich auch schon mittendrin in der Show. Die Vorjahressiegerin Loreen eröffnet den Abend mit ihrem Song "Euphoria". Schnee rieselt von der Hallendecke, bevor es einen fliegenden Wechsel zu Lena gibt. Noch einmal steht sie mit "Satellite" auf der Bühne - und die Halle tobt. Beide Sängerinnen treten noch ein zweites Mal auf, bevor sie mit der ESC-Gemeinde ein bisschen feiern können.
Das Jetset-Leben wartet nicht
Diejenigen, die sich das Feiern so richtig verdient hätten, nämlich Cascada, haben dafür an diesem Abend erst einmal höchstens zwischen Tür und Angel Zeit. Nach der Show und der anschließenden Pressekonferenz ging es von Hannover aus direkt nach Köln. Dort stand für die frisch gebackenen Sieger in aller Frühe ein Auftritt im "Morgenmagazin" an.