Sendedatum: 26.05.2012 21:00 Uhr

Aserbaidschan: Feuriges aus dem Orient

Aserbaidschan, der brennende Berg Yanardag bei Baku © picture alliance / ZB Foto: Matthias Tödt
Beliebtes Ziel für Touristen: der brennende Berg Yanardag bei Baku.

Das "Land des Feuers", wie Aserbaidschan wörtlich übersetzt heißt, trägt seinen Namen aus gutem Grund: Dank seiner reichen Erdöl- und Gasvorkommen tritt dort immer wieder Naturgas aus den Felsspalten. Entzündet sich das Gas, züngeln auf wunderbare Weise Flammen aus dem Boden - und das oft über Jahrhunderte! Jahrhundertealt sind auch die musikalischen Traditionen des Landes, in denen kulturelle Einflüsse der benachbarten Türkei und des Irans aufgegangen sind.

Erste demokratische Republik in einem islamischen Land

Eine Moschee in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan © dpa
Paläste und Moscheen prägen das Bild der malerischen Alstadt von Baku.

Seit dem 16. Jahrhundert war das heutige Gebiet Aserbaidschans Teil des persischen Reichs. Aufgrund seiner strategischen Lage wurde das Land immer wieder von Osmanen und Russen besetzt. Das heutige Staatsgebiet umfasst den Nordteil Aserbaidschans, der 1828 an Russland fiel; der Südteil ist eine iranische Provinz. Nach dem Untergang des Zarenreiches 1918 wurde Aserbaidschan für kurze Zeit zur ersten demokratischen Republik mit mehrheitlich islamischer Bevölkerung, doch nicht einmal zwei Jahre später übernahmen die Sowjets das Ruder.

Volksmusik der Barden

Das mehr als 1.000-jährige Erbe der aserbaidschanischen Volksmusik wurde vorwiegend mündlich weitergegeben. Im Süden des Landes entwickelte sich seit dem 16. Jahrhundert eine eigene Bardentradition. Die Lieder der aserbaidschanischen Aşıqs dienten vor allem der mündlichen Überlieferung der Dastane, vielstrophiger Gedichte, in denen Liebes- und Heldengeschichten erzählt werden. In der Sowjetzeit entstanden viele Dastane als Protest gegen die russischen Besatzer.

Der Gesang der Aşıqs zum Spiel der Langhalslaute Saz erklingt üblicherweise bei Hochzeiten und anderen großen Feierlichkeiten, doch der Krieg mit Armenien hat das Kernland der Aşıq-Tradition westlich der Berg-Karabach-Region stark in Mitleidenschaft gezogen. Viele Barden und ihr Publikum leben seit Jahren in Flüchtlingslagern, in denen ausgedehnte Feste mit mehrstündigem Bardengesang die Ausnahme sind.

UNESCO würdigt aserbaidschanische Musik

Die Kunst der Aşıqs wurde 2009 von der UNESCO auf die Liste der "Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit" gesetzt. Bereits 2003 wurde die aserbaidschanische Muğam-Musik mit dieser Auszeichnung gewürdigt, eine Form sinfonischer Musik aus verschiedenen Gesangs- und Instrumentalparts. Dabei treten europäische Vorstellungen von Rhythmus und Tonarten außer Kraft, denn die Wurzeln des Muğam liegen in der höfischen persischen Kultur. Traditionell wird der Sänger bei den oft mehrstündigen Aufführungen von den drei Nationalinstrumenten Tar (eine Laute in Form einer Acht, die von Sänger Arash auch beim ESC in Moskau gespielt wurde), Kamança (eine bauchige Kniegeige) und Daf (eine Art Tamburin) begleitet.

Musikalischer Alltag

Elnur & Samir treten für Aserbaidschan an © NDR Foto: Rolf Klatt
2008 begann mit dem Auftritt von Elnur & Samir Aserbaidschans ESC-Geschichte.

Die sinfonische Anlage der Muğam-Musik führte Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer raschen Übernahme und Weiterentwicklung westlicher klassischer Musik. In der Sowjetunion nahmen aserbaidschanische Komponisten eine führende Stellung ein. Die Parallelen des Muğam mit den Improvisationen der Jazz-Musik sorgten dafür, dass auch in diesem Bereich eine sehr lebendige nationale Musikszene entstand.

Überhaupt ist Musik ein wichtiger Bestandteil im Alltag der Aserbaidschaner. Das Beherrschen mindestens eines Instruments gehört zum guten Ton und die musikalische Erziehung wird vom Staat massiv subventioniert. In Sachen Popmusik orientiert man sich - nicht zuletzt wegen der gemeinsamen sprachlichen Wurzeln - vorwiegend an der Türkei. Über die neuesten Musiktrends aus dem fernen Istanbul wissen die Jugendlichen oft besser Bescheid als über ihre eigenen Stars.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 26.05.2012 | 21:00 Uhr

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